Istanbul - In der Türkei hat eine Videoaufnahme über Polizeiwillkür am Freitag zur Amtsenthebung eines ranghohen Polizeibeamten geführt. Auf dem von der Zeitung "Hürriyet" veröffentlichen Amateurvideo ist zu sehen, wie der Polizist einen seiner Untergebenen am Hals packt, in Richtung Demonstranten drückt und gewaltsam dazu zwingt, sie mit Tränengas einzudecken.

Die etwa 400 Demonstranten protestierten am Donnerstag in der südlichen Stadt Gaziantep gegen den Bau eines neuen Industriegebiets. In den sozialen Medien stieß das Vorgehen der Polizei auf heftigen Protest.

In einer Erklärung des Gouverneurs der Provinz Gaziantep hieß es, der Polizist sei bis zum Abschluss von Ermittlungen suspendiert. Sein "negatives Verhalten" habe für einen "Aufschrei der Empörung" gesorgt.

Der stellvertretende Fraktionschef der oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP) im Parlament, Engin Altay, erklärte laut "Hürriyet", die Bilder aus Gaziantep belegten, dass es in der Türkei eine "zivile Diktatur" gebe. Jeder, der dagegen protestiere, werde als "potenzieller Krimineller oder Terrorist" angesehen.

Das Parlament in Ankara ist derzeit mit einem umstrittenen Gesetzentwurf zur Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts befasst. Der Entwurf sieht unter anderem mehr Rechte der Polizei bei Durchsuchungen und Festnahmen vor. Die Pläne enthalten zudem ein Vermummungsverbot. Demnach sind selbst bei einer teilweisen Bedeckung des Gesichts mit einem Schal Haftstrafen von bis zu fünf Jahren vorgesehen, wenn die Behörden eine Kundgebung als Unterstützungsveranstaltung für eine Terrororganisation einstufen. (APA, 13.2.2015)