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Umweltaktivisten demonstrieren gegen den Lobbyismus der Großkonzerne. Vom derzeitigen Transparenzregister bleiben jedoch vor allem kleine PR-Firmen unbehelligt.

Foto: APA/EPA/Lecocq

Brüssel ist das Mekka der Lobbyisten. Wo in Europa die vielfältigen Interessen von Politik und Wirtschaft zusammenlaufen, kann jeder mitspielen. Auch Staaten, die aufgrund von Korruption und Menschenrechtsverletzungen eher in der Kritik von EU-Politikern stehen. Doch Lobbying von autoritären Regimen in der EU ist keine aussichtslose Seltenheit, sondern ein willkommenes Mittel, um Stimmung und Image ins Positive zu drehen.

Dass der Einfluss autoritärer Regime auf die EU-Organe nicht zu unterschätzen ist, darauf verweist ein im Jänner erschienener Bericht der NGO Corporate Europe Observatory. Darin sind Firmen und Gesellschaften gelistet, die beispielsweise für die Regierungen Russlands, Ruandas, Bangladeschs, Aserbaidschans, Bahrains oder Nigerias arbeiten, um deren Ruf zu beschönigen und sie von Kritik freizusprechen.

Einladung zum Song Contest

Die Methoden reichen dabei von gezielter Pressearbeit bis hin zu bezahlten Reisen und Geschenken für EU-Politiker. Dafür wird oft viel Geld in die Hand genommen. Nicht umsonst sagt Ivo Ilic Gabara, Stratege einer britischen PR-Firma: "Wenn jemand viel Geld für Eigen-PR in die Hand nimmt, dann, weil er ein Problem hat."

Ob sich EU-Politiker von freundlichen, aber bestimmten Lobbyisten und PR-Managern korrumpieren lassen, liegt in deren Hand. Mitunter ist die Sachlage allerdings nicht so eindeutig, etwa vor dem Song Contest 2012 in Aserbaidschan. Die Regierung lud damals EU-Parlamentarier nach Baku ein, Flug und Hotel wären bezahlt worden. "Gleichzeitig wurden allerdings für diese Veranstaltung Menschen zwangsumgesiedelt. Es war klar, dass wir so eine Einladung nicht annehmen", sagt Ulrike Lunacek, grüne Abgeordnete und Vizepräsidentin des Europaparlaments.

Champagner am Tisch

Sie selbst befasst sich in diversen Ausschüssen und Delegationen des EU-Parlaments oft mit den Ländern des Südkaukasus. Dementsprechend oft treten auch Lobbygruppen der Regierungen an sie heran. "Zu Weihnachten wurde mir beispielsweise ein Champagner hingestellt. Davon lasse ich mich allerdings nicht beeindrucken, deshalb werde ich trotzdem Klartext reden über die politischen Gefangenen", so Lunacek.

Derzeit müssen EU-Parlamentarier alle Geschenke über einem Wert von 150 Euro auflisten – inklusive der Geber. Hin und wieder werden Stichproben gezogen. Bestätigt sich, dass ein Abgeordneter diese Quellen verschweigt, kann die Ausweisung aus dem Plenum erfolgen oder ihm das Abstimmungsrecht entzogen werden. Oft kratzt jedoch auch schon ein bekanntes Naheverhältnis an der Glaubwürdigkeit der Abgeordneten. So wirft Michèle Alliot-Maries polizeiliche Unterstützung des tunesischen Regimes während des Arabischen Frühlings im Jahr 2011 kein besonders gutes Licht auf ihren derzeitigen Vorsitz der Delegation für Beziehungen zur Arabischen Halbinsel im EU-Parlament.

Verpflichtendes Lobby-Register

Der Grat zwischen legitimem Informationsaustausch und Einflussnahme oder gar Bestechung ist schmal. "Ich verweigere niemandem das Gespräch. Aber bevor das passiert, möchte ich immer wissen, mit wem ich es zu tun habe, und recherchiere dementsprechend", sagt Lunacek. Umgekehrt ist es bei vielen autokratischen Regierungen schwierig bis unmöglich, die Menschenrechtslage überhaupt anzusprechen, insbesondere wenn zum Beispiel europäische Abhängigkeiten von Öl und Gas im Spiel sind.

Um die intransparente Lage etwas zu verbessern, fordert das Corporate Europe Observatory die EU-Kommission auf, das freiwillige Lobby-Register in ein verpflichtendes umzuwandeln, in dem sich auch Firmen eintragen müssen, die unter anderen Deckmänteln Lobby-Arbeit leisten. Derzeit sind es vor allem die großen, bekannten Konzerne, die sich registrieren. Kleinere "Gesellschaften", die zum Beispiel vordergründig Nation Branding betreiben, bleiben davon unbehelligt.

Werbung für Baku vor dem EU-Parlament

Im Juni werden zum ersten Mal die "Europäischen Spiele" in Anlehnung an die Olympischen Spiele ausgetragen. Die Entscheidung des Europäischen Olympischen Komitees (EOC) für den Austragungsort Baku in Aserbaidschan fiel eindeutig aus, obwohl Stimmen von Oppositionellen im Land zu einem Boykott aufrufen. Eine Woche lang wollte Aserbaidschan ursprünglich vor dem Europäischen Parlament Werbung für die Spiele machen. Das wurde von den Parlamentariern abgewendet. (Teresa Eder, derStandard.at, 17.2.2015)