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Wirklich dunkel ist es in der Nacht kaum mehr wo auf dem nordamerikanischen Kontinent. Besonders die US-Ostküste leidet unter erheblicher Lichtverschmutzung, wie diese Aufnahme des Satelliten "Suomi NPP" demonstriert.

Foto: APA/ EPA/NASA/HO

Berlin - Die Zeiten, in denen die Nächte tatsächlich finster waren, sind zumindest in besiedelten Gebieten längst vorbei: An einigen Orten strahlt der Nachthimmel mittlerweile Hunderte Male heller als vor Einführung des künstlichen Lichts. Nun hat erstmals ein Team verschiedener deutscher Forschungsinstitute dieses Phänomen gemeinsam mit internationalen Partnern erforscht.

An 30 von 50 untersuchten Orten leuchtete der Nachthimmel demnach mehr als doppelt so hell wie ein natürlicher Nachthimmel, schreiben Christopher Kyba vom GeoForschungsZentrum Potsdam und Kollegen im Fachjournal "Scientific Reports". Bei der Helligkeit am Himmel gibt es enorme Unterschiede. Der hellste Ort war das niederländischen Schipluiden. Dort leuchtete der Himmel 10.000 Mal heller als über dem dunkelsten Ort der Studie, Kitt Peak in den USA. "Das Ausmaß von 10.000 Mal hat uns schon überrascht", sagte Mitautor Franz Hölker vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin.

Der bedeckte Nachthimmel über Berlin zeigte sich etwa 300 Mal heller als über der Nordseeinsel Schiermonnikoog in den Niederlanden. "Diese Spanne ist sehr viel größer als wir sie tagsüber beobachten können", sagte Kyba.

Für Tier und Mensch ungesund

Wie sich der Trend der hellen Nächte fortsetzt, ist noch unklar - ebenso die möglichen Auswirkungen des Phänomens. Klar ist allerdings, dass die Tierwelt und auch die menschliche Gesundheit unter der Lichtverschmutzung leiden. Zu viel Licht etwa verhindert die Ausschüttung des "Ruhehormons" Melatonin. Man kann zwar meist trotzdem schlafen, wacht aber am Morgen schlecht erholt auf, riskiert Fettleibigkeit, das Risiko für hormonabhängige Krebsarten wie Brust- und Prostatakrebs ist erhöht und das Immunsystem geschwächt.

Unter den Tieren sind es vor allem die Insekten die Hauptleidtragenden: Etwa 20 Milliarden Krabbler sterben pro Jahr an Straßenlaternen. Außerdem kann das natürliche Verhaltensmuster von Tieren, wie etwa die nächtliche Navigation mancher Arten oder die Beutesuche, durch den künstlichen "Skyglow" negativ beeinflusst werden, warnen die Forscher. Selbst die Fortpflanzung der Tiere könne darunter leiden. Die Forscher wollen nun ergänzende Daten dazu aus der weltweit von Bürgern genutzten "Verlust der Nacht"-App vermutlich noch 2015 auswerten.

Ständig auf der Flucht vor dem Licht sind außerdem die Astronomen. Der "Lichtsmog" ist viel heller als die schwachen Strahlen der Himmelskörper, die die Erde aus dem Weltall erreichen.

Reflektierende Wolken

Die Studie bestätigte, dass Wolken die Helligkeit enorm beeinflussen können und wie Verstärker wirken. "Die in den Wolken enthaltenen Wassertropfen können das vom Boden abgestrahlte Licht meist nicht absorbieren und reflektieren einen Großteil davon zurück auf die Erde", beschreibt Kyba. So erscheinen helle Gegenden in bedeckten Nächten sogar noch heller. Umgekehrt verdunkeln Wolken in abgelegenen Gegenden den Nachthimmel - weil sie Mond- und Sternenlicht abschirmen. (APA/red, derStandard.at, 14.2.2015)