Die marokkanische Polizei schützt Europas Außengrenze auf ihre Art. Am Dienstag in den frühen Morgenstunden stürmten sie die slumartigen Flüchtlingssiedlungen unweit der Grenze zur spanischen Exklave Melilla.

Augenzeugen, die bei spanischen Flüchtlingshilfsorganisationen anriefen, berichten von Schlägen, von Verletzten, davon, wie alles Hab und Gut der meist aus Kamerun und Mali stammenden Menschen verbrannt wurde und von Massenverhaftungen. Auch an der Grenze zu Ceuta, der anderen Exklave Spaniens an der nordafrikanischen Küste, kam es zu Razzien.

Bis zu 1200 Verhaftungen

Spanische NGOs sprechen von 600, die marokkanische Vereinigung für Menschenrechte von bis zu 1200 Verhaftungen. Wo die Flüchtlinge abgeschoben werden sollen, ist noch unklar. In der Vergangenheit hatten die Marokkaner ganze Busladungen von Flüchtlingen mitten in der Wüste ausgesetzt. Hilfsorganisationen befürchten, dass dies auch jetzt wieder geschehen könnte.

Die Razzia kam nur einen Tag nachdem der stellvertretende Innenminister Marokkos, Charki Drais, den Stand einer Kampagne zur Regularisierung von Immigranten bekannt gab. Bis zum Ende der Frist zum Jahreswechsel haben knapp über 27.000 Menschen einen Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung gestellt. Rund 17.000 werden ihre Papiere erhalten. Den restlichen drohte Drais mit Razzien - keine 24 Stunden vor dem Sturm auf die Siedlungen. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, 12.2.2015)