Die Mitarbeiterin einer Apotheker und ihr Nachbar fanden Abnehmer für Hormonpräparate in der Hobby-Bodybuilderszene.

Wien - Eine in einer Wiener Apotheke als pharmazeutisch-kaufmännische Assistentin tätige Frau, die auf Kosten ihres Arbeitgebers drei Jahre lang einen illegalen Handel mit rezeptpflichtigen Präparaten betrieben hatte, ist am Mittwoch im Landesgericht wegen Untreue und gewerbsmäßigen Diebstahls zu zwei Jahren bedingt verurteilt worden. Ihr Nachbar, der die Mittel verkauft hatte, erhielt dieselbe Strafe.

Der 44-Jährige hatte das Wachstumshormon Humatrope um 300 bis 400 Euro im Bekanntenkreis "verscherbelt". Der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Claudia Moravec-Loidolt ging von einem Schaden von 170.000 Euro aus und schloss sich damit den Aussagen der beiden Angeklagten an, sie hätten deutlich weniger als die ihnen angekreidete Menge verkauft. Es habe in Bezug auf die Angeklagte "ein nicht ausschließliches Gelegenheitsverhältnis bestanden", stellte die Vorsitzende in der Urteilsbegründung fest.

Der betroffene Apotheker, der sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligter angeschlossen hatte, bekam die 170.000 Euro zugesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Während die Verteidiger Rudolf Mayer und Peter Philipp auf Rechtsmittel verzichteten, gab Staatsanwalt Marcus Böhm vorerst keine Erklärung ab.

"Ausg'schaut wia a Golfplatz"

Ihm sei eines Tages aufgefallen, dass ein Bekannter, mit dem er beruflich viel zu tun hatte, auffallend viele Wimmerln und Pusteln im Gesicht hatte, hatte der im Sanitär-Großhandel tätige 44-Jährige geschildert: "Er hat ausg'schaut wie a Golfplatz." Als er ihn darauf angesprochen habe, habe der Hobby-Bodybuilder ihm verraten, dass er sich die benötigten Wachstumshormone über chinesische Online-Apotheken beschaffe. Da habe er sich an die Freundin seines unmittelbar neben ihm wohnhaften guten Freundes erinnert, von der er wusste, dass sie in einer Apotheke beschäftigt war.

Er habe sie gefragt, ob sie ihm das Mittel besorgen könne, gab der 44-Jährige zu Protokoll. Er habe dem Bodybuilder "behilflich sein wollen". Die Apotheken-Angestellte willigte ein, ihr Nachbar reichte die erste Spritze weiter. Der Hobby-Sportler soll begeistert gewesen sein, so der Angeklagte: "Er hat's probiert und gesagt, das ist hochklassige Ware, das ist ganz ein anderes Körpergefühl."

In weiterer Folge intensivierten die 30-Jährige und ihr Nachbar ihre illegalen Geschäfte. Der 44-Jährige fand weitere Abnehmer in der Kraftsport-Szene, die das Hormon teilweise auch weiterverkauft haben sollen. Der reguläre Einkaufspreis für eine Injektion beträgt 817 Euro. Die Angestellte überließ ihrem Nachbarn das Mittel um 200 Euro pro Dosis, der seinerseits laut Anklage das Präparat um 300 bis 400 Euro weitergab.

Fiel jahrelang nicht auf

Das gesetzwidrige Treiben der Mitarbeiterin fiel deswegen jahrelang nicht auf, weil es ausgerechnet in die Zuständigkeit der 30-Jährigen fiel, die Medikamenten-Bestellungen zu kontrollieren. Sooft sie die Mittel orderte, die sie an der Apotheke vorbei verkaufte, ließ sie umgehend die entsprechenden Bestell- und Lieferscheine verschwinden.

Im monatlichen Bestell-Verzeichnis, das in einen Ordner wanderte, bestätigte sie wiederum, sämtliche angeforderte Waren hätten ordnungsgemäß Eingang in den Lagerbestand gefunden. Erst als im März 2014 zufällig eine Kollegin sah, wie die 30-Jährige mit dem Wachstumshormon Humatrope nach Hause gehen wollte, das in der Apotheke bis dahin noch nie verkauft worden war, flog die Frau auf. Die Kollegin wurde stutzig, verständigte ihren Chef, und nach kurzer Zeit wurde diesem klar, was seine Mitarbeiterin angerichtet hatte.

Apotheker "am Boden zerstört"

"Sie muss 200 bis 300 Lieferscheine in den Papierkorb geworfen haben", erklärte der Apotheker nun im Zeugenstand. Bei einem jährlichen Umsatz von bis zu 15 Millionen Euro habe er "einfach nicht erkannt, wie die Ware gestohlen wurde. Ich war überrascht und am Boden zerstört, dass mich jemand über lange Zeit so bestohlen hat."

Die 30-Jährige, die fristlos entlassen wurde, beteuerte, sie habe nur die Hälfte der von der Anklage umfassten Präparate verkauft. Auf die Frage, was sie mit ihrem Anteil aus der Beute - ihrer Aussage nach insgesamt höchstens 40.000 Euro, der Anklage zufolge mindestens das Dreifache dieser Summe - gemacht habe, erwiderte die Frau: "Ich hab' a bissl was dazu verdient. Ich hab' versucht, damit meinen Großeltern eine Freude zu machen." Außerdem habe sie nach einem Totalschaden ihr Auto reparieren lassen: "Ich hab' mich nicht so bereichern können. Ich hab' mir auch einen Kredit aufnehmen müssen." (APA, 11.2.2015)