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Den Riesenslalomgoldtraum kann Hirscher am Freitag, den Slalomgoldtraum am Sonntag realisieren.

Foto: APA/Groder

Die Last ist abgefallen. Und so groß wie vor zwei Jahren war sie von vornherein nicht. Marcel Hirscher, Skisuperstar, kann's locker nehmen. Er hat seine Einzelmedaille. "Egal in welcher Farbe" hätte sie sein können. Zumindest hatte er dies als Zielsetzung für die WM formuliert. Es ist gar eine Goldene. Es ist gar in der Kombination passiert. Über das Antreten hatte der Salzburger sehr kurzfristig entschieden. "Das braucht man jetzt nicht mehr hinterfragen." Hirscher kann beruhigt nach vorn schauen, zumal ihm im Teambewerb eine weitere Goldene überreicht wurde.

Alles, was jetzt noch kommt, beherrscht er vorzüglich. Freilich, passieren kann immer alles Mögliche. Man kennt den abgedroschenen Spruch von einer WM und ihren eigenen Gesetzen. Vor zwei Jahren wurde Hirscher Weltmeister im Slalom. Es war in der Heimat, in Schladming. "Es ist nicht leicht, eine WM in der Heimat zu fahren." Ein Hirscher ist ein Mensch. Der Druck war ihm nicht zu wenig. "Ich bin ziemlich an meine Grenzen gekommen." Aber am Ende ging ja alles gut. Hirscher war glücklich. Die Leute waren glücklich.

Eine Slalomsensation?

Die Sache mit den eigenen Gesetzen könnte auf den WM-Slalom in Beaver Creek, am Sonntag, dem Schlusstag der WM, zutreffen. Nicht nur Hirscher hat in diesem Winter schon gewonnen. Die anderen Sieger hießen Henrik Kristoffersen, Felix Neureuther, Stefano Gross, Mattias Hargin und Alexander Choroschilow. Nur Neureuther und Hirscher gewannen in diesem Winter je zwei Slaloms. Aber Hirscher sagt: "Ich glaube, dass es eine Sensation geben kann."

Ein Hirscher-Sieg wäre keine Sensation. Auch wenn Rang 14 im Slalom von Schladming nicht gerade aufbauend war und ihm die Verhältnisse in Beaver Creek nicht sonderlich entgegenkommen. Vom Gelände her, sagt er, sei es kein typischer Slalomhang. Und der Schnee sei relativ einfach. "Hier können viele brutal andrücken." Hirscher mag es lieber schwieriger, sprich eisiger. "Ich weiß, dass mein Set-up gut funktioniert, wenn es hart ist." Aber die Piste in Beaver Creek, sagt er, sei das große Fragezeichen.

Im Vail Valley war die Sonne in den vergangenen Tagen Stammgast. "Ich hoffe, das Wetter bleibt so cool", sagt Hirscher, aber meint er es auch so? Heute und morgen wird noch trainiert - "bei hoffentlich ähnlichen Bedingungen wie im Rennen". Das Rennen vor dem Slalom ist der Riesentorlauf am Freitag. Und der Riesentorlauf ist in diesem Winter zu Hirschers stärkster Disziplin geworden. Nur einen von fünf einschlägigen Bewerben hat er heuer nicht gewonnen. Es war ausgerechnet jener in Beaver Creek, als der 25-Jährige hinter Ted Ligety und Alexis Pinturault Dritter wurde.

Keine RTL-Sensation?

Im Riesentorlauf sei eine Sensation weniger wahrscheinlich als im Slalom, glaubt Hirscher. "Hier hatten wir die ganze Saison über sehr ähnliche Bedingungen." Nicht unwahrscheinlich ist, dass eben der Salzburger zu Gold fährt. Vor zwei Jahren holte er Silber. Seine Spezialdisziplinen liegen noch vor ihm, die Kombination liegt hinter ihm. Die Medaille zählt wie jede andere, aber der Bewerb wird hinterfragt, vielleicht bald reformiert. Hirscher: "Für Techniker wäre es einladender, würde die Kombi mit Super-G gefahren." Der Zeitaufwand mit den Abfahrtstrainings sei groß. "Du kannst als Slalomfahrer nicht eine ganze Woche dafür investieren. Wenn man will, dass es mehr Teilnehmer an der Kombi gibt, sollte sie in Bezug auf das Zeitmanagement lukrativer sein."

Bei der WM hat sich der Aufwand Kombination für Marcel Hirscher erledigt und gelohnt. Für das noch Kommende sei er "bestmöglich vorbereitet. Ich bin der Meinung, dass wir alles richtig gemacht haben." Der Druck sei nun, nach seinem zweiten Einzel-WM-Gold, von seinen Schultern. "Es ist viel einfacher, die nächsten Rennen zu fahren." Aber Hirscher wäre nicht Hirscher, würde er sich nicht unverändert hohe Ziele setzen. "Natürlich möchte ich in den technischen Disziplinen aufs Podium." Und natürlich wird er lieber Gold als Bronze holen wollen. Also sagt Hirscher: "Logisch wäre es unerfreulich, würde ich das Stockerl verpassen. Aber ich hätte dann zumindest einen schönen Trostpreis, der ziemlich genial glänzt." (Birgit Riezinger aus Beaver Creek, DER STANDARD, 11.2.2015)