Wien – An die große Glocke gehängt werden die Zahlen von der Arbeiterkammer normalerweise nicht. Im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage der Neos hat Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) nun aber einen recht umfassenden Überblick über die Finanzen der Bundes- sowie der neun Landesarbeiterkammern gegeben.

Bei den Einnahmen durfte sich die Arbeitnehmervertretung über ein sattes Plus in den vergangenen zehn Jahren freuen. Im Jahr 2013 haben die Beschäftigten mehr als 390 Millionen Euro an Kammerumlage abgeliefert. Das bedeutet einen Anstieg um mehr als 40 Prozent im Vergleich zu 2004. Zur Orientierung: Die Inflation machte im selben Zeitraum nur 24 Prozent aus. Eine Aufschlüsselung nach Bundesländern können Sie hier sehen:

Erklärbar ist der Anstieg leicht. Die AK-Umlage macht 0,5 Prozent des Bruttoeinkommens aus. Da die Zahl der Beschäftigten von Jahr zu Jahr steigt, steigen automatisch auch die Einnahmen der AK.

Darüber hinaus verfügen die Kammern aber noch über weitere Einnahmen. Unter dem Titel "Miete, Verkauf und sonstige Erträge" flossen zuletzt 34,5 Millionen in die AK-Budgets, 3,6 Millionen wurden an Zinserträgen lukriert.

Auf der anderen Seite ist natürlich interessant, wofür das Geld ausgegeben wird. Knappe 90 Millionen Euro wurden unter Sachaufwand verbucht. Hier gibt es keinen besonderen Anstieg (22,7 Prozent in zehn Jahren). Wesentlich stärker gestiegen sind die Verwaltungskosten. Österreichweit haben sie um 54,7 Prozent zugelegt, in Wien gar um mehr als 115 Prozent. Erklärbar sei der starke Anstieg in der Bundeshauptstadt vor allem durch Leasingkosten für ein neues Beratungszentrum, heißt es dort.

Die AK Wien nimmt im Kammersystem eine besondere Stellung ein. Über sie wird auch der operative Betrieb der Bundesarbeiterkammer abgewickelt. Eigene Mitarbeiter oder eine eigene Niederlassung gibt es für die Bundesstelle also nicht. Dafür überweisen die anderen Landesorganisationen drei Prozent ihrer Einnahmen an die AK Wien.

Der Personalstand ist seit 2004 nicht enorm gestiegen, Ende 2013 gab es 2638 Vollzeitstellen (wobei das Ministerium hier falsche Summen veröffentlichte). Regional gibt es aber durchaus größere Unterschiede: Die Salzburger AK hat den Mitarbeiterstand um fast zehn Prozent reduziert, in Tirol gab es einen Anstieg um fast 50 Prozent.

Trotz insgesamt moderater Personalpolitik kam es bei den Personalausgaben zu einem Anstieg um 39,7 Prozent. Zum einen ist dieser scheinbare Widerspruch durch die jährlichen KV-Erhöhungen, zum anderen durch automatische Gehaltsvorrückungen - vergleichbar mit dem öffentlichen Dienst - erklärbar.

Bei den Aufwendungen für die AK-Pensionisten gab das Sozialministerium nicht bis ins letzte Detail Einblick. Zu Beginn des Jahrtausends wurden die Ansprüche auf Betriebspensionen in eine Pensionskasse ausgelagert. Ein Teil der Belegschaft hat noch sogenannte leistungsorientierte Verträge. Das heißt: Schafft die Pensionskasse nicht die versprochene Rendite, muss die Kammer Geld nachschießen. Der Neos-Abgeordnete Gerald Loacker wollte unter anderem wissen, wie hoch die Ansprüche aus diesen Altverträgen sind.

Diesbezüglich habe man aber keine Daten, erklärte Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Auch die Rechnungsabschlüsse der Kammern helfen hier nicht weiter.

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Bei der AK-Wahl stehen zwar verschiedene Fraktionen zur Wahl. Über die Pflichtmitgliedschaft kann aber nicht abgestimmt werden.
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Dennoch lässt sich aus den veröffentlichten Zahlen herauslesen, dass die AK noch lange für ihre Altpensionisten zahlen wird. Zwar lag der jährliche Pensionsaufwand zuletzt "nur" bei 22,7 Millionen Euro, gleichzeitig wurden im Jahr 2013 aber auch "personalabhängige Rückstellungen" im Ausmaß von 129 Millionen Euro gebildet. Darin enthalten sind zwar auch die Rückstellungen für Abfertigungen, rund drei Viertel – also 100 Millionen – entfallen aber auf die Pensionen.

Auch um die Reserven der AK ist es nicht schlecht bestellt. Insgesamt wurden 196 Millionen Euro an Rücklagen für geplante Bautätigkeiten und andere Investitionen gebildet.

Loacker spricht sich angesichts der hohen Rücklagen und Einnahmen für eine Senkung der AK-Umlage in mehreren Etappen aus. Auch das Thema Zwangsmitgliedschaft müsse man von neuem diskutieren. Eine verpflichtende Ausweisung der AK-Umlage auf dem Lohn- oder Gehaltszettel steht ebenso auf dem Forderungskatalog des Neos-Politikers.

Bei der Bundesarbeiterkammer will man das so nicht stehen lassen. Verwiesen wird auf eine umfassende Leistungsbilanz: Zwei Millionen Mal pro Jahr bekämen AK-Mitglieder kostenlos arbeitsrechtliche, steuerrechtliche, konsumentenschutzrechtliche oder sozialrechtliche Beratungen. 750.000 der 3,3 Millionen Mitglieder würden keinen Beitrag zahlen. Weiters habe man für die Mitglieder bei Rechtsstreitigkeiten 370 Millionen Euro herausgeholt, allein 293 Millionen bei Insolvenzverfahren. (Günther Oswald, derStandard.at, 10.2.2015)