Bild nicht mehr verfügbar.

Gegnerin der US-Gesundheitsreform vor dem US-Höchstgericht.

Foto: AP Photo/Charles Dharapak

Bild nicht mehr verfügbar.

Auch die Befürworter der US-Gesundheitsreform demonstrieren vor dem Supreme Court.

Foto: Charles Dharapak/AP/dapd

Der November war kein guter Monat für den US-Präsidenten Barack Obama. Zuerst die Niederlage bei den Midterm-Elections, und dann gab das US-Höchstgericht, der Supreme Court, auch noch bekannt, dass es sich eines Prozesses annehmen werde, der einen der Grundpfeiler der Gesundheitsreform Obamas zum Einsturz bringen könnte. King vs Borwell – unter diesem Begriff firmieren insgesamt vier Prozesse, die alle ein ähnliches Ziel haben. Es geht vereinfacht darum, wer von wem Förderungen für den Abschluss einer Gesundheitsversicherung bekommen darf. Der aktuelle Prozess ist nicht der erste Versuch der Gegner der Gesundheitsreform, diese zu Fall zu bringen. Erst 2012 entschied das Höchstgericht, dass die vorgesehene Versicherungspflicht bestehen bleiben kann.

Leistbare Krankenversicherung

Aber zuerst ein wenig Hintergrund: Im Jahr 2010 stellte der "Affordable Care Act" die Grundlage der Krankenversicherung in den USA auf neue juristische Beine. Das Gesetz sieht unter anderem vor, sogenannte "Health insurance marketplaces" zu etablieren – das sind Online-Plattformen, wo sich Menschen versichern können, die nicht über ihren Arbeitgeber krankenversichert sind. Solche Marktplätze können vom jeweiligen Bundesstaat eingerichtet werden. Falls ein Bundesstaat sich gegen eine solche Einrichtung entscheidet, übernimmt der Gesamtstaat, der ebenfalls eine solche Plattform betreibt. Wer sich nun über eine diese Plattformen – egal ob bundes- oder gesamtstaatlich – versichert, kann auch Förderungen in der Form von Steuererleichterungen bekommen, um sich die Krankenversicherung leisten zu können.

Und hier wird es jetzt problematisch. Jene, die den Prozess angestrengt haben, legen eine bestimmte Passage des "Affordable Care Act" so aus, dass Fördergelder nur über jene Versicherungsmarktplätze fließen dürfen, die von einem Bundesstaat betrieben werden. Bisher haben sich nur 14 Bundesstaaten dazu entschlossen, ihren eigenen Marktplatz für Versicherungen einzurichten – in den übrigen 36 Staaten werden Versicherungen über den vom Gesamtstaat betriebenen Marktplatz zur Verfügung gestellt.

Mehr Unversicherte

Sollte das US-Höchstgericht dieser Sicht beipflichten, könnte das bedeuten, dass sich bis zu acht Millionen Amerikaner ihre Versicherung nicht mehr leisten könnten. Derzeit bekommen 87 Prozent der über einen gesamtstaatlichen Marktplatz Versicherten eine Förderung – genau diese Förderung, die nun vor dem Höchstgericht auf dem Prüfstand steht, berichtet vox.com. Ohne diese Förderungen wird eine private Krankenversicherung für viele nicht mehr finanzierbar sein.

Verteuerung des Systems

Es gibt auch indirekte Auswirkungen, sollten diese Förderungen als ungesetzlich bewertet werden. Grundsätzlich gilt in den USA seit 2010 eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung. Wer trotzdem keine Versicherung abschließt, muss Strafzahlung entrichten. Es gilt aber die Ausnahme, dass, wenn die Versicherungskosten mehr als acht Prozent des Familieneinkommens betragen, diese Strafzahlung entfällt.

Wird also der Abschluss einer Krankenversicherung erheblich teurer, entschließen sich mehr gesunde Menschen, auf eine Krankenversicherung zu verzichten. Das wiederum lässt den Anteil der Kranken im Versicherungssystem steigen und führt in weiterer Folge zu einer Verteuerung des Gesamtsystems.

Es gibt aber auch weniger alarmistische Einschätzungen. Auf Scotusblog, wo Anwälte, Rechtsprofessoren und Studenten über das Höchstgericht und seine Entscheidungen schreiben, erklärt der Jurist Michael Rosman, dass er die behaupteten Auswirkungen des Gerichtsentscheids für übertrieben hält. Es sei einfach nicht bekannt, wie die einzelnen Staaten reagieren werden, wenn ihre Einwohner keine Förderungen mehr bekommen. Rosman plädiert für Abwarten und das Vermeiden übereilter Schlüsse.

Anfang März wird eine erste Anhörung im Supreme Court stattfinden. Die Entscheidung wird frühestens im Juni erwartet. (Michaela Kampl, derStandard.at, 10.2.2015)