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EBRD-Präsident Suma Chakrabarti (L), Erste Group-Chef Andreas Treichl und Ungarns Minister-Präsident Viktor Orban.

Foto: Reuters/Balogh

Budapest/Wien - Rund ein Jahr haben die Verhandlungen gedauert, geführt wurden sie in aller Vertraulichkeit. Am Montag haben Erste Group, die Osteuropabank EBRD und die ungarische Regierung und Viktor Orbán das Ergebnis bekannt gegeben: Es soll auf der einen Seite die Belastungen der Banken in Ungarn reduzieren, auf der anderen Seite sieht es Unterstützungsmaßnahmen der EBRD vor - und den Einstieg der Osteuropabank und des ungarischen Staats in die Ungarn-Tochter der Erste Group. EBRD und Staat sollen jeweils 15 Prozent an der Bank erwerben.

Die Erste Group unter ihrem Vorstandsvorsitzenden Andreas Treichl hat diese Maßnahmen mit ihrem weiteren Engagement in Ungarn verknüpft. Mit der Grundsatzvereinbarung zwischen EBRD und Regierung soll die "makroökonomische Stabilität" gestärkt werden, heißt es in dem Papier, das dem Standard vorliegt.

Keine Verstaatlichungen mehr

Und weiter wird in der Vereinbarung betont: Die Regierung werde weder direkt noch indirekt Mehrheitsanteile an systemrelevanten Banken vor Ort erwerben - außer die Stabilität des Bankensektors hängt davon ab. Zudem verpflichtet sich der Staat, jene Mehrheitsbeteiligungen, die er bereits hält, binnen drei Jahren an private Eigentümer zu verkaufen. Das ist insofern bemerkenswert, als Orbán in den letzten Jahren den Einfluss der Politik auf die Banken massiv erhöht hat. Unter anderem kam die frühere BayernLB-Tochter MKB in Staatsbesitz, wobei die Notenbank des Landes bei der Sanierung unter die Arme greift.

Gleichzeitig verpflichten sich Ungarn und die Osteuropabank, verschiedene Initiativen zur Stärkung des Finanzsektors mitzutragen. Was dazu gehört, wird im ersten Kapital des Vertrags ausgeführt, allerdings nur "beispielsweise". Die wichtigste davon ist die Reduktion der Bankensteuer. Sie soll von 2016 bis 2019 "adjustiert" werden und auf Basis der 2014-er-Bilanzen berechnet werden. Die Prozentsätze sollen 2016 um 0,31 Prozentpunkte gesenkt werden, und um 0,21 Prozentpunkte bis Ende 2018. Ab 2019 soll sich die ungarische Bankensteuer dann an die in der EU üblichen Prozentsätze angleichen, die es aber bis dato nicht gibt.

Neue Berechnungsbasis

Dass sich die Berechnungsbasis aufs Jahr 2014 bezieht, bedeutet für die meisten Institute eine Erleichterung. Denn bisher wurde auf Basis Ende 2009 besteuert - und die meisten Banken haben ihr Geschäft seither reduziert, also auch die Bilanzsumme. Unter dem Strich würde Orbán 2016 auf umgerechnet 196 Mio. Euro aus der Bankenabgabe verzichten. Gesetzlich geregelt werden soll das alles bis Juni 2015.

Die Osteuropabank wird laut Vereinbarung unterstützend bei Maßnahmen zur Reduzierung von notleidenden Krediten tätig werden, aber auch bei der Erleichterung der Kreditvergabe an Klein- und Mittelunternehmen. Gültig werden soll dieser Plan aber erst, wenn das neue Gesetz über die Bankenabgabe beschlossen ist.

Problemkind

Die Erste Group hat in den letzten Jahren wenig Freude mit der Ungarn-Tochter gehabt. 2013 wurden dort 109 Millionen Euro Verlust eingefahren, die Bankensteuer betrug in dem Land in dem Jahr 48 Millionen Euro. Neben der Abgabe drückt - nicht nur bei der Erste Group - die Zwangskonvertierung von Fremdwährungskrediten in Forint auf das Ergebnis. Deshalb kursieren schon länger Gerüchte, wonach Erste und Raiffeisen Bank International ihre Aktivitäten loswerden wollen.

Dabei besteht die Erste nun auf eine Buchprüfung (Due Diligence). Sollte der Preis nicht mindestens dem Buchwert entsprechen, kann die Erste vom Vertrag zurücktreten, heißt es in der Bank. Sie verpflichtet sich gleichzeitig, 550 Millionen Euro an Krediten zu vergeben. Konkret werden dabei Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Projekte für Energieeffizienz und der Agrarbereich finanziert, wird versprochen.

Wie aus Verhandlerkreisen zu hören ist, hat die EBRD zunächst nicht darauf reflektiert, mit der ungarischen Regierung einen Vertrag zu schließen; zu unsicher sei den Vertretern der Institution dieses Unterfangen erschienen. Allerdings seien die Ungarn auf alle Forderungen eingestiegen, das habe die Sache dann ermöglicht. Ohne die EBRD hätte sich die Erste Group nicht auf diesen Deal eingelassen. (Renate Graber, Andreas Schnauder, DER STANDARD, 10.2.2015)