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Anhänger der Huthi-Milizen haben sich in einem Stadion versammelt, um der Rede des Huthi-Anführers Abdel Malik al-Huthi zu lauschen. Die Huthis haben im Jemen die Macht übernommen.

Foto: AP / Hani Mohammed

Sanaa/Kairo - Tausende Demonstranten reagierten am Samstag im Jemen mit Protestmärschen in mehreren Städten auf die Übernahme der politischen Kontrolle durch die Huthis. Die hatten am Freitag in einer "Verfassungserklärung" neue Institutionen angekündigt und das bestehende Parlament aufgelöst. In der Hauptstadt Sanaa wurde ein Marsch in der Nähe der Universität gewaltsam beendet. De facto regiert jetzt ein Revolutionskomitee mit Mohammed Ali al-Huthi, einem Cousin von Rebellenchef Abdul Malek al-Huthi, an der Spitze. Dieses überwacht alle weiteren Schritte, besonders die geplante Bildung eines fünfköpfigen Präsidialrates.

Abdel Malek al-Huthi rechtfertigte am Samstag die vollständige Machtübernahme. Sie sei notwendig geworden, um nach dem Rücktritt des Präsidenten und der Regierung das Machtvakuum zu füllen. Die Huthis wollten das Land stabilisieren und die Bedrohung durch al-Kaida eliminieren, versprach er und zeigte sich offen für die Teilnahme anderer Parteien.

Die wichtigsten politischen Parteien haben eine Zusammenarbeit bisher ausgeschlossen. Der Volkskongress von Expräsident Ali Abdullah Saleh, der die Huthis in den vergangenen Monaten in ihrem Vormarsch auf die Hauptstadt unterstützt hatte, kündigte an, die Entwicklung zu studieren. Bei der feierlichen Verlesung der Verfassungserklärung im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung waren auch hochrangige Militärvertreter anwesend. Am Donnerstag waren Verhandlungen aller Parteien mit UN-Vermittler Jamal Benomar gescheitert.

Der Süden macht nicht mit

Eine dezidierte Ablehnung des Huthi-Coups kam aus dem Süden. Der Gouverneur der Provinz Aden erklärte, die Verfassungserklärung sei nicht bindend für andere Provinzen. Seit Monaten gewinnt die "Bewegung des Südens", ein loser Zusammenschluss vieler Gruppierungen, die das Selbstbestimmungsrecht des Südens verlangen, an Zulauf. Im Süden leben fast nur Sunniten. Sie wehren sich dagegen, dass eine schiitische Minderheit, die ihrer Meinung nach vom Ausland, das heißt dem Iran, gesteuert wird, den Jemen kontrolliert. Ihre Bürgerwehren, die 2011 zum Kampf gegen al-Kaida gegründet wurden, würden auch bereitstehen, um einen Vormarsch der Huthi-Rebellen in den Süden zu unterbinden.

Die Huthis brauchen aber den Süden, denn dort wird 70 Prozent der Wirtschaftsleistung des ärmsten arabischen Landes erarbeitet. Sie versuchen deshalb, den im Ausland lebenden ehemaligen Präsidenten des Südens, Ali Nasser Mohammed, als Mitglied des Präsidialrates zu gewinnen.

Appell an die Uno

Die Länder des Golfkooperationsrates, die wichtigsten Geldgeber Jemens, nannten den Huthi-Coup eine schwerwiegende, unakzeptable Eskalation und erklärten, sie würden die notwendigen Maßnahmen treffen, um ihre eigenen Sicherheitsinteressen zu verteidigen. Sie appellierten an den UN-Sicherheitsrat, zu intervenieren und den Putsch zu beenden, der das jemenitische Volk in einen schwarzen Tunnel geführt habe. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon verlangte am Sonntag in Riad, Präsident Hadi müsse wieder in sein Amt eingesetzt werden. Der Jemen wird seit dem Ausbruch des Arabischen Frühlings von politischen Unruhen erschüttert, in deren Verlauf im Jahr 2012 der autokratische Langzeitregent Saleh zurücktreten musste. (Astrid Frefel, DER STANDARD, 9.2.2015)