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Durch die Transadriatische Pipeline - kurz TAP - soll dereinst Erdgas aus der kaspischen Region bis nach Süditalien fließen.

Foto: dpa/Danny Gohlke

Wien - Während auf politischer Ebene noch ein Mittel zum Weichspülen der verhärteten Fronten zwischen Griechenland und den 27 anderen EU-Mitgliedsländern gesucht wird, gibt es wirtschaftlich einen Schimmer Hoffnung für das angeschlagene Land: TAP. Die drei Buchstaben stehen für Transadriatische Pipeline. Durch sie hindurch soll dereinst Erdgas aus der kaspischen Region bis nach Süditalien fließen.

Mit 545 km entfällt der längste Streckenabschnitt der 870 km langen Leitung auf griechisches Territorium. "Wir schätzen die Kosten für den griechischen Teil auf rund 1,5 Milliarden Dollar. Das ist die größte Auslandsinvestition für das Land", sagte TAP-Manager Michael Hoffman dem STANDARD.

In Euro ist die Investitionssumme aufgrund des gesunkenen Wechselkurses nur unwesentlich kleiner. Die nächsten drei bis fünf Jahre würden rund um den Bau der Erdgasleitung zudem tausende Arbeitsplätze entstehen, die Röhre selbst werde mittelfristig auch die griechische Staatskasse zum Klingeln bringen.

Dass das Fahrwasser für die TAP durch den Syriza-Wahlsieg gefährlicher geworden sei, glaubt man im Konsortium nicht. "Das ist ein strategisches Projekt und wertvoll für Griechenland", sagte Hoffman. Auch die seit November im Amt befindliche EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker stehe zu hundert Prozent dahinter.

Nabucco übertönt

Das war nicht immer so. Lange Zeit matchten sich die TAP-Proponenten mit den Nabucco-Konsorten. Initiiert von der OMV mit wohlwollender Unterstützung Brüssels sollte die nach einer Verdi-Oper benannte Pipeline Gas aus dem kaspischen Raum bis vor die Tore Wiens bringen. Das ist Geschichte. Selbst eine kostenmäßig abgeschlankte Variante, die als "Nabucco West" von der türkischen Grenze über den Balkan bis nach Baumgarten in Niederösterreich laufen sollte, konnte nicht überzeugen. Das Schach-Deniz-Konsortium, das mit der Entwicklung des gleichnamigen Gasfeldes vor der Küste Aserbaidschans betraut ist, fand TAP spannender.

Hauptgesellschafter der in Baar in der Schweiz registrierten Trans Adriatic Pipeline sind mit jeweils 20 Prozent die britische BP, Socar aus Aserbaidschan und Statoil aus Norwegen. Alle drei halten auch Anteile im Schach-Deniz-Konsortium bzw. hielten welche. Statoil hat seine 15,5 Prozent vorigen Oktober um 2,25 Mrd. Dollar an die brasilianische Petronas verkauft. Weitere Gesellschafter der TAP sind Fluxys aus Belgien mit 19 Prozent, die spanische Enagás mit 16 und die Axpo Holding aus der Schweiz mit fünf Prozent.

Gestern, Montag, hat der Norweger Kjetil Tungland die Führung der TAP an Ian Bradshaw übergeben, der bisher für British Gas gearbeitet hat. "Tungland hat eine super Arbeit gemacht und das Projekt auf Schiene gebracht; Bradshaw verfügt über die nötige Erfahrung in der Umsetzung großer Projekte", sagte Michael Hoffmann.

Grundstücksablösen

Als Nächstes stehen Verhandlungen mit rund 55.000 Landbesitzern und etwa 27.000 Pächtern in Griechenland, Albanien und Italien an, die vom Pipelinebau betroffen sind. Noch im Sommer soll in Albanien mit dem Bau von Zufahrtsstraßen und Brücken begonnen werden. Ausschreibungen für Kompressorstationen, Rohre und anderes Equipment seien ebenfalls in Vorbereitung.

Der Bau der Pipeline selbst werde rund 3,5 Jahre dauern, erstes Gas soll 2020 fließen. Von den 16 Mrd. m3, die das Schach-Deniz- Konsortium liefern will, sind sechs Mrd. für den türkischen Markt bestimmt, eine Mrd. m3 soll nach Bulgarien, eine Mrd. m3 in Griechenland verkauft werden. Die restlichen acht Mrd. sollen bis nach Italien und von dort teilweise auch in andere Märkte fließen.

Von der Ankündigung Russlands, Gas statt über die ursprünglich geplante South-Stream-Leitung durch eine ebenfalls noch zu bauende Turkish Stream in die Türkei und von dort nach Europa zu transportieren, lässt sich das TAP-Management nicht aus der Ruhe bringen. "Das ist gleiches Gas für die gleichen Märkte wie bisher", sagte Hoffman. "Für uns ist das weder positiv noch negativ, es tangiert uns nicht." (Günther Strobl, DER STANDARD, 3.2.2015)