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Gegenseitige Spionage-Vorwürfe: der konservative Premier Nikola Gruevski ...

Foto: REUTERS / Ognen Teofilovski

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... und Oppositionsführer Zoran Zaev.

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Skopje/Sarajevo – Der Ton zwischen Opposition und Regierung in Mazedonien war schon immer extrem rau. Doch jetzt geht es nicht mehr um wechselseitige Parlamentsblockaden oder darum, dass Abgeordnete mit Gewalt aus dem Parlament getragen werden. Die Regierung wirft der Opposition nun nichts Geringeres als einen Putschversuch und Spionage vor. Der Pass des sozialdemokratischen Oppositionschefs Zoran Zaev wurde konfisziert. Drei Personen wurden verhaftet, darunter Ex-Geheimdienstchef Zoran Verusevski und dessen Frau.

Zaev sagte laut mazedonischen Medien, man werde ihn trotzdem nicht daran hindern, die politische "Bombe" platzen zu lassen und Unterlagen zu veröffentlichen. Die Regierung habe tausende Leute ausspioniert. Seit Monaten kündigt die Opposition an, belastendes Material über die Regierung zu veröffentlichen. Es geht angeblich darum, dass ein inoffizieller Geheimdienst Personen illegalerweise abgehört haben soll.

Dramatische TV-Ansprache

Gruevski wirft den vier Verdächtigen wiederum vor, dass sie mit ausländischen Geheimdiensten zusammengearbeitet und damit die Verfassung unterlaufen hätten. Zaev habe zudem versucht, Gruevski mit seinen Unterlagen zu erpressen und von ihm vorgezogene Wahlen und eine gemeinsame Regierung verlangt. Gruevski, dessen Nationalismus und autoritärer Stil viele an Ungarns Viktor Orbán erinnern, hatte am Samstag eine dramatische Fernsehansprache gehalten und die Verhaftungen angekündigt.

Der Analyst Saso Ordanovski glaubt, dass Gruevski mit seinem Vorgehen erreichen wolle, dass die Veröffentlichung des belastenden Materials vom Gericht verboten wird. Inhaltlich soll es auch um finanzielle Machenschaften der Regierung gehen, die diese kompromittieren könnten. Ordanovski glaubt auch, dass die Justiz, die "völlig unter der Kontrolle der Regierung ist", Gruevskis Anordnungen Folge leisten werde.

Umstrittene Rolle Russlands

Als besonders bedenklich erachtet er die Tatsache, dass Russland sich "auf die Seite der Regierung" gestellt habe. Dies könne ein Zeichen dafür sein, dass Moskau die politischen Krisen auf dem Balkan nutzen wolle, um mehr Einfluss zu gewinnen und "mit der EU und den USA regional in Konkurrenz zu gehen", so Ordanovski zum Standard.

Das russische Außenministerium hat am Sonntag eine detaillierte Untersuchung des behaupteten Putschversuchs gefordert und warnte davor, dass die Zuspitzung der Situation in Mazedonien auch die ethnischen Spannungen verschlimmern könne. Die EU und die USA verlangten die Einhaltung von rechtsstaatlichen Standards. Der frühere EU-Gesandte für Jugoslawien Carl Bildt sagte, der Vorwurf eines Putschversuchs sei "weit hergeholt". Gruevski versprach ein faires und transparentes Verfahren.

Die Opposition verweigert seit fast einem Jahr die Parlamentsarbeit und wirft der Regierungspartei VMRO-DPMNE Wahlbetrug vor. Die Regierung hat zuletzt Verfassungsänderungen vorgeschlagen, die auch ohne Opposition umgesetzt werden können. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 3.2.2015)