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Startet eine Hotline für Opfer religiöser oder ethnischer Diskriminierung: Integrationsminister Sebastian Kurz.

Foto: APA/Dragan Tatic

Wien - Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP), mit seiner Forderung nach Sanktionen und Strafen bis zu 1000 Euro bei der Debatte über so genannte "Integrationsverweigerer" bislang vorn mit dabei, war am Freitag darum bemüht gegenzusteuern. Schließlich sei Integration keine "Einbahnstraße", was sich angesichts steigender Fälle von Rassismus und Antisemitismus noch nicht überall herumgesprochen zu haben scheint.

Kein Kavaliersdelikt

Also kündigte Kurz im STANDARD-Gespräch an, ab sofort eine Vermittlungsstelle für Betroffene von Diskriminierung (aufgrund von Herkunft oder Religion) im Bürgerservice des Integrationsministeriums einzurichten. Kurz: "Diskriminierung ist kein Kavaliersdelikt und wird auch bestraft, Hilfesuchende wissen aber oft nicht genau, an wen sie sich wenden sollen." Mit der neuen "Clearingstelle" will man jetzt eine zentrale Anlaufstation schaffen, die Betroffenen mit Auskunft hilft und an Antidiskriminierungsstellen wie dem Verein Zara (kurz für: Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) oder der Gleichbehandlungsanwaltschaft weiterleitet.

Zum Hintergrund: Im Jahr 2013 gab es 730 gemeldete rassistische Vorfälle, die Zahl antisemitischer Vorfälle stieg laut Ministerium im gleichen Zeitraum von 137 auf 255. Kurz: "Die Zahl der antisemitischen Vorfälle nimmt stark zu", aber auch von der Islamischen Glaubensgemeinschaft höre er Ähnliches. Der Minister erklärt beispielhaft, was unter einem solchen Vorfall zu verstehen ist: "Das können rassistische Postings genauso sein wie eine Absage bei einem Bewerbungsgespräch aufgrund der Hautfarbe." Auch antisemitische Beschimpfungen und tätliche Übergriffe würden zunehmen, darunter auch zahlreiche Angriffe auf Muslime. Allein im Dezember 2014 wurden 50 neue Fälle bekannt, die Dunkelziffer schätzt man im Ministerium weit höher ein.

Wer sich unter der Nummer 0501150-4242 an die Vermittlungsstelle wendet, wird dort von Montag bis Freitag im Zeitraum von 08.00 bis 17.00 Uhr Ansprache finden. Das Ministerium rechnet mit Kosten von rund 2000 Euro, das Budget für Werbemaßnahmen blieb auf Anfrage des Standard vorerst offen.

Auswanderung

Minister Kurz erklärt die "Hotline gegen Diskriminierung und Intoleranz" vor allem als Reaktion auf die gehäufte Anzahl an Vorkommnissen in Österreich. Die Ereignisse von Paris mit dem Anschlag auf das Satiremagazin Charlie Hebdo sowie einen jüdischen Supermarkt würden damit nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Allerdings ortet Kurz ähnlich wie in Frankreich - wenn auch in wesentlich geringerem Ausmaß - die Entwicklung, dass auch hierzulande immer mehr Juden auswandern.

Die bei Kollegin Sophie Karmasin im Familienministerium angesiedelte Deradikalisierungshotline verzeichnete in den ersten 50 Tagen 115 Anrufe. (Karin Riss, DER STANDARD, 31.1.2015)