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Nach dem Angriff der Hisbollah auf die von Israel kontrollierten Shebaa-Farmen, bei dem am Mittwoch zwei israelische Soldaten starben, wurde in den schiitisch dominierten Gebieten des Libanon gefeiert. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah (Plakat) gab sich am Freitag siegessicher.

Foto: Reuters/Shabaan

Die Hisbollah ist Meister der großen, martialischen Inszenierungen und der psychologischen Kriegsführung. In dieses Muster passte auch die sorgfältig orchestrierte Gedenkfeier in Dahiya im Süden von Beirut für ihre jüngst auf dem Golan gefallenen Kämpfer. Hassan Nasrallah, der Chef der schiitisch-libanesischen Miliz, war aus Sicherheitsgründen nur per Videolink zugeschaltet. Trotzdem gab er sich kämpferisch.

Wenn zugleich libanesisches und iranisches Blut vergossen werde, werde man auch gemeinsam zum Sieg marschieren, sagte er. Israel warf er vor, die islamistische Nusra-Front auf der syrischen Golan-Seite zu dulden, aber Hisbollah-Kämpfer anzugreifen.

Tagelang war in Beirut gerätselt worden, wie die Antwort auf den israelischen Angriff vom 18. Jänner auf dem Golan ausfallen würde, bei dem sechs Hisbollah-Kämpfer und ein hochrangiger iranischer Offizier getötet worden waren. Ein israelischer Angriff, der nach den Worten von Prof. Hilal Khashan von der Amerikanischen Universität Beirut eindeutig politisch motiviert war, um die iranischen Atomverhandlungen zu torpedieren.

"Austarierter Gegenschlag"

Einig waren sich die meisten Kommentatoren im Libanon, ob mit der "Partei Gottes" einverstanden oder nicht, dass die Operation vom Mittwoch gegen die Shebaa-Farmen, ausgeführt von der "Kuneitra-Märtyrer-Einheit", sorgfältig austariert war. Die Hisbollah musste reagieren, heißt es, um ihren Anhängern ein Erfolgserlebnis zu liefern und der Schmach etwas entgegenzusetzen. Die Shebaa-Farmen sind nach Hisbollah-Lesart von Israel besetzt und nicht von der UN-Resolution 1701 erfasst, mit der der Krieg 2006 beendet wurde. Mit der Wahl des Angriffsziels bewege sie sich daher im Rahmen ihres Existenzanspruchs, des Widerstands gegen Israel, so die libanesischen Beobachter.

Der Raketenangriff auf ein Gebiet, in dem Israel höchste Alarmbereitschaft angeordnet hatte und das mit ausgeklügelten Radarsystemen überwacht wird, zeuge von minutiöser Vorbereitung und Präzision und sei eine klare Botschaft an Israel, dass auf jede Provokation reagiert werde und dass die militärischen Kapazitäten im Südlibanon trotz des Engagements in Syrien nicht geschwächt seien.

Das Ausmaß des Gegenschlages, bei dem zwei israelische Soldaten getötet wurden, war zudem so gewählt, dass die ungeschriebenen Spielregeln nicht verletzt wurden, die in dieser Region seit 2006 gelten. Israel reagierte mit Artillerieangriffen auf Dörfer im Südlibanon, bei denen auch ein spanischer UN-Blauhelmsoldat tödlich getroffen wurde. Mehr Eskalation dieser Kämpfe wollte die Hisbollah nicht. Das ließ sie über die Unifil-Beobachtermission Israel und die internationale Gemeinschaft wissen. Am Freitag war denn auch beiderseits der Grenze wieder Ruhe eingekehrt. Die Schulen hatten ihren Betrieb wiederaufgenommen, und das Leben ging seinen gewohnten Gang.

Die libanesische Regierung, in der die Hisbollah vertreten ist, rief die Uno auf, Israel daran zu hindern, "die Stabilität in der Region zu gefährden". Aber es gab auch kritische Stimmen aus der liberalen Bewegung des 14. März. Diese ließ verlauten, dass der Libanon nicht nach dem Gleichgewicht der regionalen Akteure und mit illegalen Waffen regiert werden dürfe, sondern nur nach der Verfassung.

Diesmal scheint eine größere Konfrontation in dem schwelenden Konflikt an der Südgrenze abgewendet. Aber die meisten Beobachter in Beirut gehen davon aus, dass Israel auch in Zukunft nicht davor zurückschrecken wird, hohe Kader der Hisbollah zu töten. Mit dem Engagement der Hisbollah an der Seite des Iran in Syrien ist auf dem Golan eine neue Front entstanden, von der aus jederzeit Funken auf die weitere Region überspringen können. (Astrid Frefel aus Beirut, DER STANDARD, 31.1.2015)