Kiew/Moskau - Der ukrainischen Armee droht eine herbe Niederlage bei Debalzewo, östlich von Donezk. Dort hält das Militär einen schlauchartigen Frontvorsprung. Dieser hat sich nach Angaben der Separatisten freilich in einen Kessel verwandelt: Der "Premier" der "Donezker Volksrepublik", Alexander Sachartschenko, erklärte, seine Truppen hätten die wichtige Stadt Uglegorsk eingenommen und somit die Truppen Kiews eingeschlossen. "Ergebt euch, und ihr werdet leben", rief er die Soldaten zum Desertieren auf.

Kiew dementiert den Fall Uglegorsks. Um die Stadt gebe es harte Kämpfe, aber "alle Attacken der Untergrundkämpfer wurden abgewehrt", hieß es. Der Ex-Kommandeur des ukrainischen Freiwilligenbataillons "Donbass", Semjon Sementschenko, hingegen räumte ein: "Uglegorsk befindet sich unter Kontrolle der Terroristen." Die Lage in Debalzewo erinnert für das Militär fatal an den Kessel von Ilowaisk im Sommer, der große Verluste forderte. In Debalzewo sind bis zu 10.000 ukrainische Soldaten stationiert.

Unterdessen wurde ein für Freitag in Minsk geplantes Treffen zwischen Regierung und Rebellen abgesagt. Rebellenführer Denis Puschilin sagte, die Gespräche seien geplatzt, weil kein Vertreter Kiews nach Minsk geflogen sei. Er warf der Regierung vor, den Dialog zu verweigern.

Raumgewinn der Rebellen

Ex-Präsident Leonid Kutschma erklärte hingegen, das Treffen finde am Samstag statt. Er forderte die Einhaltung des Minsker Memorandums vom Herbst, das die Separatisten nach ihren Raumgewinnen obsolet nennen.

Derweil sorgt ein Interview des als Kreml-Ideologe geltenden Alexander Dugin für neue Aufregung: Für ihn geht es bei den Kämpfen in der Ostukraine um Aufstieg oder Zerfall Russlands. In seiner Vision eines eurasischen Großreichs unter Führung Moskaus fordert er auch die Zerschlagung von Kleinstaaten in Europa wie Österreich. (André Ballin, DER STANDARD, 31.1.2015)