Im Ballfieber: Peter Bocek und Nikolaus Firmkranz.

Wien – In unserer durchmedialisierten Welt kann man den Menschen kaum mehr wirklich näherkommen, ohne auch seinen Medienkonsum zu betrachten. Die Autoren und Autorinnen Martin Fritz, Thomas Köck, Gerhild Steinbuch und Cornelia Travnicek behandeln deshalb in ihren Texten, die zusammen das Stück Dr. Österreicher sieht fern bilden, zwar den sogenannten Wiener Akademikerball in der Hofburg und die Widerstände dagegen. Die rechte Veranstaltung aber bleibt bei ihnen draußen vor der Tür. In die Wohnungen reicht sie nur über die mediale Vermittlung hinein. Untertitel: Stück in 3 Fernsehsendungen und 2 Werbepausen.

Im Kosmostheater Wien, wo das Stück in der Regie von Susanne Draxler uraufgeführt wurde, wird daraus eine siebzigminütige temporeiche Parodien-Revue. Maria Fliri, Peter Bocek und Nikolaus Firmkranz präsentieren die drei Fernsehformate Am Schauplatz Hofburg, Messer Gabel Hirn sowie Club 3000, auch eine ZIP-Sendung gibt es. Die Schauspieler sind mal Moderatorin, mal Diskutanten, mal Ballgäste, mal nur Menschen von der Straße sowie Fernsehkonsumenten.

Der Ton wechselt zwischen bitterböser Satire (etwa, wenn die homoerotischen Neigungen einiger Burschenschafter mit eindeutigen Posen gezeigt werden), sprachspielerischer Medienreflexion und einer ordentlichen Portion Albernheit. Man merkt, dass hier viel ausprobiert wird, es einen Mut zum Ungeordneten gibt – was dem Abend nur guttut.

Es ist eine große Wut, die sich hier in bösem Lachen entlädt. Eine Wut auf die Verhältnisse, die unpolitischen Medienkonsumenten (die vom Gespräch abgelenkt sind, weil sie eine Online-Petition gegen Rechtsextremismus unterzeichnen müssen) oder jene, die sich in leeren Phrasen in irgendwelchen Fernsehstudios über selbsterfundene Probleme auslassen. Dass das am Ende "intellektuelle Onanie" ist, zeigt Peter Bocek, der sich beim Gedanken an Slavoj Žižek in autoerotischer Absicht über das Sitzmöbel hermachen muss.

Fliri, Bocek und Firmkranz überzeugen mit großer Präsenz und vor allem mit dem Tempo, in dem sie zwischen den einzelnen Figuren, Idiomen und Ansichten switchen. Was sich freilich auch als Kommentar zum Tempo lesen lässt, in dem sich die öffentliche Meinung oft wandelt. Peter Hirsch, mitsamt seiner Technik auf der Bühne, zeichnet die drei per Video auf und wirft die Bilder (oft ergänzt um andere Aufnahmen) an die Wand. Schließlich geht es hier um das Hintergrundrauschen aus Fernsehen, Radio, Internet und sozialen Medien, vor dem sich beinahe schon der ganze menschliche Alltag abspielt. Da kann man schon mal wütend werden. Und in diesem Stück laut darüber lachen. (Andrea Heinz, DER STANDARD, 30.1.2015)