Jerusalem - Eine israelische Menschenrechtsorganisation hat Israels Streitkräften vorgeworfen, im Gaza-Krieg im vergangenen Sommer bewusst den Tod von Zivilisten in Kauf genommen zu haben.

"Eines der Kennzeichen des Konflikts in diesem Sommer im Gazastreifen waren die zahlreichen Luftangriffe, die auf Wohngebäude zielten, die selbst dann zerstört wurden, wenn die Bewohner immer noch darin waren", schrieb die Organisation B'Tselem in einem am Mittwoch veröffentlichten 49-seitigen Bericht. Diese Zerstörungen seien das "Ergebnis einer von Regierungsvertretern und dem Militäroberkommando formulierten Politik". Israel habe die Häuser nicht angegriffen, weil sie militärisch genutzt wurden, sondern schlicht, weil eine bestimmte Person dort gelebt habe.

Zudem seien viele Angriffe unverhältnismäßig zum militärischen Vorteil Israels gewesen. Warnungen an Zivilisten, die sich in den Häusern befanden, seien nicht effektiv gewesen: Manchmal hätten die Bewohner schlicht zu wenig Zeit gehabt, um das Haus zu verlassen.

Auch Hamas in der Kritik

B'Tselem stellt in dem Bericht auch fest, dass die Hamas aus zivilen Wohngebieten angegriffen und ebenfalls das humanitäre Völkerrecht verletzt habe. Das Argument, die Hamas sei deshalb für die Toten in Gaza verantwortlich, sei jedoch "inakzeptabel". Die israelische Armee wollte sich im Laufe des Tages zu den Vorwürfen äußern.

Die Nichtregierungsorganisation (NGO) untersuchte 70 Luftangriffe, bei denen 606 Menschen ums Leben kamen. 70 Prozent der Opfer waren demnach Minderjährige oder älter als 60 Jahre. Im Verlauf der 50-tägigen Boden- und Luftoffensive töteten die israelischen Streitkräfte fast 2.200 Palästinenser, rund 70 Prozent der Opfer waren nach Angaben der Vereinten Nationen Zivilisten; auf israelischer Seite wurde 67 Soldaten und sechs Zivilisten getötet. (APA, 28.1.2015)