In einer Woche endet die Frist, binnen derer die heimischen Landeshauptleute versprochen haben, für genügend Asylwerberquartiere in Österreich zu sorgen. Man muss keine Prophetin sein, um vorherzusagen, dass dann ein mittelgroßes Jammern und Sich-Ausreden ansetzen wird, denn dieses Ziel wird mit einiger Sicherheit nicht erreicht werden: Vor wenigen Tagen fehlten bundesweit insgesamt noch 1775 Asylwerber-Wohnplätze.

Also wird Ende Jänner wohl viel von den Hemmnissen die Rede sein, die verhindern, Quartiere aufzutreiben. Asylwerber hätten in Österreich eben nach wie vor ein schlechtes Image, wird es dann unter anderem wahrscheinlich heißen.

Massive Vorbehalte

Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit: Nicht nur in der normalen Wohnbevölkerung, auch unter Behördenvertretern grassieren massive Vorbehalte gegen Flüchtlinge. Und besagte Behördenvertreter haben darüber hinaus eine Gesetzeslage zu exekutieren, die Schutzsuchende und Menschen, die ihnen helfen, einer besonders strengen Behandlung unterwirft.

So geschah es im Waldviertler Weitra , wo – wie DER STANDARD berichtete – ein Sozialarbeiter als illegaler "Arbeitgeber" 1730 Euro Geldstrafe ausfasste, weil er einem befreundeten Asylwerber für Mithilfe bei der Gartenarbeit 110 Euro Taschengeld gegeben hatte. Der "Aktenvermerk" der polizeilichen Amtshandlung in dieser Sache zeigt, wie Vorurteile in der Bevölkerung zu überzogenem behördlichem Vorgehen führen können, wenn die Behördenvertreter nicht imstande oder bereit sind, diese Sicht der Dinge zu hinterfragen.

Pauschalverdacht

Es begann im vergangenen Oktober mit der Alarmierung der Sicherheitskräfte durch einen Nachbarn, der offenbar schon die Anwesenheit eines Schwarzen im Waldviertler Weitra verdächtig fand. Er rief die Polizei an, weil er beobachtet hatte, "dass ein 'Neger' bereits mehrmals einen Schubkarren mit Erde und Sand im Veitsgraben entsorgt" habe: Unter Anführungszeichen, aber doch, hat es das N-Wort in den Aktenvermerk geschafft.

Auch den ankommenden Polizisten sprang die Hauttönung des Betreffenden ins Auge. Sie nahmen einen "dunkelfärbigen Mann" wahr, der, begleitet von besagtem Sozialarbeiter, "mit einer vollen Schubkarre nebst der Gemeindestraße" fuhr. "Dunkelfärbig"? Um Textilien oder andere Gegenstände zu schildern, mag dieses Adjektiv geeignet sein. Aber nicht, um einen Menschen zu beschreiben.

Identitätsfeststellung

Der dunkle Verdächtige verschwand im Haus des Sozialarbeiters, die Beamten wollten seine Personalien überprüfen. Sie folgten dem Asylwerber. Da sich dessen Identität telefonisch nicht klären ließ, musste er mit auf die Polizeiinspektion; der Sozialarbeiter begleitete ihn.

Bis zu diesem Zeitpunkt weist kein Wort im Aktenvermerk auf den Schwarzarbeitsverdacht hin, der letztlich zu der im Vergleich zur 110-Euro-Trinkgeldgabe horrenden Verwaltungsstrafe für den Sozialarbeiter führte. Dieser Verdacht kam erst auf, als die einschreitenden Polizisten die Finanzpolizei anriefen: wegen Holzschlichtens und Erde-Erneuerns im Garten vor einem Privathaus und einem dafür gezahlten Trinkgeld von 110 Euro.

Überzogene Ermittlungen

Die dortige Auskunft, dass Asylwerber unter De-facto-Arbeitsverbot stehen, trat die völlig überzogenen Schwarzarbeit-Ermittlungen los, die in besagte Strafverfügung mündeten. Die rechtlich zwar wahrscheinlich gedeckt sind, die aber Herbert Langthaler von der Asylkoordination, vom STANDARD dazu befragt, völlig richtig als "schikanös" bezeichnet.

Tatsächlich besteht in diesem Fall der Verdacht, dass einem Bürger, der einen Flüchtling unterstützt, zwecks Einschüchterung der Stempel eines Ausbeuters und Sozialbetrügers verpasst werden soll: Mit dem wichtigen und richtigen Vorgehen von Polizei und Finanzbehörden gegen Schwarzarbeit, wie sie in großem Stil etwa auf Baustellen stattfindet, sind die Ermittlungen gegen ihn nicht vergleichbar.

Furcht vor Ausweisung

Und der betroffene Asylwerber muss jetzt fürchten, dass die Angelegenheit für ihn mittelfristig in eine Ausweisung mündet. Zwar droht ihm keine Geldstrafe, aber da Schwarzarbeit-Ermittlungen in den Akten stehen, gelten sie als dicker Minuspunkt, sollte er keinen internationalen Schutz erhalten und daher über seine Nicht-Abschiebbarkeit entschieden werden müssen.

All dies wegen Gartenarbeit bei einem guten Bekannten. So schaut’s aus, wenn gesetzliche Regelungen überzogen verwendet, ja missbraucht werden. (Irene Brickner, derStandard.at, 26.1.2015)