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Im März 2014 begleitete Salman bin Abdulaziz al-Saud US-Präsident Obama noch zu seinem_Halbbruder Abdullah. Nun ist er selbst König.

Foto: AP / Pablo Martinez Monsivais

An seine erste Begegnung mit einem saudischen König dürfte der US-Präsident nur ungern zurückdenken: Da verbeugte sich Barack Obama während des G-20-Gipfels in London so tief vor Abdullah, dass Kritiker empört von einem Kniefall sprachen. Jetzt kürzt er eine Indien-Reise um einen Tag ab, um Abdullahs Nachfolger Salman seine Reverenz zu erweisen: Statt zum Taj Mahal geht es am Dienstag nach Riad.

Das allein schon sorgt für hochgezogene Augenbrauen: Als Paris der Terror-Toten gedachte, hatte Obama nicht einmal ein Kabinettsmitglied entsandt. In Riad dagegen zeigt er Flagge, obwohl er anfangs seinen Vize Joe Biden für diese Reise delegierte.

Die Trauerdiplomatie macht deutlich, welchen Stellenwert Saudi-Arabien im Kalkül des Oval Office besitzt. Wohlgemerkt, eine erzkonservative Monarchie, die mit der liberalen Demokratie amerikanischen Zuschnitts bis auf geostrategische Interessen so gut wie nichts verbindet.

Nur ein Jahrzehnt vom Höhepunkt zum Tiefpunkt

Tatsächlich handelt es sich um Amerikas ältesten durchgängigen Alliierten im Nahen Osten. Es begann damit, dass Franklin Delano Roosevelt im Februar 1945, auf der Rückreise von der Konferenz in Jalta, am Suezkanal einen Überraschungsgast empfing. Er traf er sich mit Ibn Saud, dem ersten saudischen Herrscher.

Wenige Jahre nach den ersten größeren Ölfunden an der saudischen Ostküste war es der Anfang einer Beziehung, die inzwischen mancher mit einer Ehe vergleicht, in der man sich auseinandergelebt hat, ohne dass einer es wagt, die Scheidung einzureichen.

Den Höhepunkt markierte 1990/91 der Golfkrieg, als das Haus Saud sein Territorium zur Verfügung stellte, um die Truppen einer von George Bush gezimmerten Koalition gegen Saddam Hussein aufmarschieren zu lassen und Kuwait zu befreien. Eine Dekade später folgte der absolute Tiefpunkt: Nachdem klar war, dass 15 der 19 Attentäter des 11. September 2001 aus Saudi-Arabien stammten, forderten viele Stimmen, die Farce der Scheinallianz mit diesem Landzu beenden.

Streitpunkt Arabischer Frühling

Als das Fracking einen Ölboom in North Dakota auslöste, warfen Anhänger die Aussicht, eines Tages unabhängig von Energieimporten zu werden und den Saudis den Laufpass geben zu können, als Argument in die Debatte.

Die Dynastie in Riad nahm es dann Obama übel, dass er sich hinter die Revolutionäre auf dem Kairoer Tahrir-Platz stellte und dem Verbündeten Hosni Mubarak den Rücktritt nahelegte, statt ihn zu stützen. Während sie syrische Rebellen bewaffnete, um Bashar al-Assad aus dem Amt zu zwingen, verzweifelte sie fast an einem US-Präsidenten, dessen Priorität es war, sich nicht in den Bürgerkrieg ziehen zu lassen.

Zwei Faktoren haben die Reibungen zuletzt abgeschwächt: zum einen die Ernüchterung über den Arabischen Frühling, zum anderen die Offensive der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Angesichts schlechterer Alternativen gilt die Realpolitik, wie die Partnerschaft symbolisiert, als kleineres Übel. Immerhin: Dem neuen Vize-Kronprinz Mohammed Bin Nayef wird nachgesagt, hervorragende Verbindungen in die USA zu haben. Hardliner in Riad kritisierten seine Ernennung prompt als Putsch gegen den Willen des verstorbenen Königs Abdullah.

Derzeit Kopf statt Fischer nach Riad

Daran, dass für Österreich der Zweite Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf (ÖVP) nach Riad reisen sollte, hatte sich bis Sonntagabend nichts geändert. Die Reise eines Regierungsmitglieds sei nicht geplant, hieß es in Diplomatenkreisen auf Nachfrage des Standard. Es gebe aber eine "Dynamik, die sich ändern könnte". Präsident Heinz Fischer hatte eine Reise ausgeschlossen. Gleiches sagte Sonntag der Sprecher von Werner Faymann (SPÖ) über Pläne des Kanzlers. Seitens seiner Partei werde "definitiv niemand" den Kondolenzbesuch antreten.

Die deutsche Regierung wollte derweil laut Berichten vom Wochenende wegen der Menschenrechtsverletzungen durch Riad alle Waffenexporte nach Saudi-Arabien stoppen. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 26.1.2015)