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Foto: APA/ROBERT JAEGER

Wien - Der langjährige APA-Chefredakteur Otto Schönherr ist am Freitag im 93. Lebensjahr verstorben. Schönherr stand von 1959 bis 1986 als erster politisch nicht zuordenbarer und von unabhängigen Zeitungen bestellter Chefredakteur an der Redaktionsspitze der Austria Presse-Agentur. Davor war er von 1954 bis 1959 Chefredakteur der "Kleinen Zeitung".

2012 erhielt Schönherr den Concordia-Preis für sein Lebenswerk. Seine journalistische Karriere startete er 1947 als Übersetzer und Redakteursaspirant bei der APA. Mit dem Wiedererscheinen der Tageszeitung "Die Presse" wechselte er 1948 zu dem Wiener Traditionsblatt. 1954 wurde Schönherr Chefredakteur der "Kleinen Zeitung" in Graz, ab 1959 übernahm er bis zur Pensionierung die Chefredaktion der APA.

Einsatz für unabhängige Berichterstattung

"Otto Schönherr hat die APA vor mehr als 25 Jahren als Chefredakteur verlassen, und doch ist sein berufliches Vermächtnis in Form der vorbehaltlos unabhängigen Berichterstattung als zentraler Bestandteil unserer Arbeit im Newsroom täglich präsent", sagte APA-Chefredakteur Michael Lang am Freitag. "Seine Verdienste um die Entwicklung der APA weg von einer Verlautbarungsagentur hin zu einem modernen Nachrichtendienstleister sind uns allen ebenso in Erinnerung wie sein riesengroßer Horizont, den er bis ins hohe Alter intellektuell ebenso wie durch ausgedehnte Reisen beständig erweitert hat. Wir trauern um ein Vorbild, einen Vordenker und einen Journalisten mit Profil und Humor, der in jeder Lebenslage und aus jeder Weltgegend wirklich gute Geschichten erzählen konnte."

Auch APA-Geschäftsführer Peter Kropsch betonte Schönherrs Einsatz für die unabhängige Berichterstattung: "Schönherr gehört zu jenen Persönlichkeiten, die die APA nachhaltig geprägt haben und damit immer Teil der DNA des Unternehmens sein werden."

Unabhängigkeit der österreichischen Nachrichtenagentur

Schönherrs Name ist untrennbar mit der unter ihm eingeführten und bis heute unbestrittenen Unabhängigkeit der österreichischen Nachrichtenagentur verbunden. Neben dem Bemühen um Unabhängigkeit und professionellen, serviceorientierten Journalismus waren ihm vor allem der Blick über Österreichs Tellerrand und die Berichterstattung über österreichische Auslandsbeziehungen ein Herzensanliegen.

Als APA-Chefredakteur führte Schönherr ein, was er als Konsument der APA vermisst hatte: einen modernen Nachrichtenstil mit Augenmerk auch auf "Human Touch"-Themen - weg vom politischen Verlautbarungsjournalismus. "Das Leben ist einfach mehr als das, was Politiker von sich geben", meinte Schönherr selbst anlässlich seines 90. Geburtstags.

Bei der Auszeichnung mit dem Concordia-Preis für das Lebenswerk im Jahr 2012 sagte Laudator und "Furche"-Herausgeber Heins Nußbaumer, dass Schönherr in seiner Amtszeit die APA "vom Kellerkind des Agenturwesens zu einem kleinen und feinen Nachrichtenkonzern und zum wichtigsten Nachrichtenlieferanten unserer Republik aufgebaut" habe. Schönherr habe den heimischen Medien den Zugang zur Welt vermittelt und das Bild Österreichs in der Welt mitgestaltet, außerdem habe er in der APA ein unbestritten hohes journalistisches Ethos etabliert.

"Es war Schönherr, der dem rot-weiß-roten Proporzkraken den Boden entzogen hat", so Nußbaumer. Interventionen seien bei ihm "erkennbar sinnlos gewesen – ein Image, das seine Nachfolger bis heute weitertragen". (APA, 23.1.2015)