Aufschlagseite aus Otto Schenks, von Ronnie Niedermeyer herausgegebenen "Lichtskizzen."

Foto: Bibliothek der Provinz

Otto Schenk sagt, er habe nur dilettiert. Das aber war gerade das Gute. Hier ging kein Lichtbildkünstler daran, den überbelichteten Städten New York und Venedig einen Prachtband zu widmen. Schenk hatte vielmehr seine Kamera dabei, als er 1968 an der New Yorker Met Puccinis Tosca inszenierte. Und sie diente ihm als Notizblock, als er in Venedig Shakespeares Kaufmann verfilmen sollte; zuvor besuchte er Viertel, in denen, so Ronnie Niedermeyer, "das Echo der Shylocks, der Aschenbachs, ja aller Außenseiter hallte". Er verliebe sich immer in Details, sagt Schenk. Er vergisst sie dann auch. Denn die Abzüge, sieben mal zehn Zentimeter kleine Schwarz-Weiß-Bilder, lagen lange in Schubladen.

Niedermeyer fand sie, und unter dem Motto "Machen Sie damit, was Sie wollen", Zusatz: "Wenn ich nicht mehr bin, wird das alles weggeschmissen", rettete er sie. In Lichtskizzen stehen nun auf Doppelseiten Ansichten aus den beiden Orten einander gegenüber. Es sind vorwiegend unprätentiöse Details aus den Alltagen an der Lagune und am Hudson. Dieses New York und dieses Venedig findet man heute kaum. Die in Duotone reproduzierten Bilder in Originalkleinheit erwecken sie zum Leben. (Michael Freund, Album, DER STANDARD, 24./25.1.2015)