Mit mindestens 300.000 Betroffenen in Österreich und 28 Millionen in Europa ist die Herzschwäche (Herzinsuffizienz, HI) eine der häufigsten internistischen Erkrankungen. Die Sterberate ist höher als bei den meisten Krebsarten. Deshalb benötigen diese Kranken im fortgeschrittenen Stadium eine palliativmedizinische Betreuung, hieß es aus Anlass einer Expertentagung in Wien (24. Jänner).

Großer Leidensdruck

In frühen Stadien der chronischen Herzschwäche stehen sehr wirksame Therapien zur Verfügung. Menschen mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz sind sehr schwer krank, leiden unter erheblichen Beschwerden wie deutlicher Leistungsminderung, Atemnot, Ödemen in Armen und Beinen, Blutarmut, Eisenmangel, Nierenversagen, diffusen Schmerzsyndromen, Ängsten bis hin zur Depression.

Sie sind nicht mehr in der Lage, Stiegen zu steigen, sich alleine anzukleiden und in der letzten Phase der Erkrankung überhaupt nur das Bett zu verlassen. Damit sollte der Palliativmedizin als Möglichkeit zur Symptomlinderung und zum Erhalten einer annehmbaren Lebensqualität bis zum Lebensende auch in solchen Fällen eine besondere Bedeutung zukommen.

"Dennoch spielt Herzinsuffizienz ungeachtet des erheblichen Leidensdrucks, zu dem sie führt, in der Palliativmedizin gegenwärtig nur eine untergeordnete Rolle", sagt Martin Hülsmann von der Universitätsklinik für Innere Medizin am AKH Wien. Um hier Abhilfe und auch verstärktes Bewusstsein zu schaffen findet am Wochenende in Wien ein Expertentreffen zum Thema "Palliative Care bei Herzinsuffizienz" statt. Dabei werden Fragen rund um die optimale Behandlung und Betreuung von HI-Patienten am Ende ihres Lebens besprochen.

Wissensstand begrenzt

HI-Expertin Christiane Angermann von der Uniklinik Würzburg betonte den hohen Bedarf, unterstreicht aber auch die Unterschiede in der palliativen Betreuung von Krebs- und Herzinsuffizienz-Patienten: "Vor allem sind die lebensverlängernden Medikamente, die bei Herzinsuffizienz verwendet werden, auch jene, welche die Lebensqualität bis zum Lebensende verbessern. Es ist also nicht so, dass man - wie beim Krebs - irgendwann die ursächliche Therapie beendet und sich ganz auf die Palliation (Linderung von Symptomen) konzentriert."

Allerdings ist der Wissensstand zur Symptomlinderung am Lebensende von Herzinsuffizienz-Patienten nach wie vor relativ begrenzt - hier bestünde noch erhebliches Potenzial für Verbesserungen. "Während für Krebspatienten schon seit mehreren Jahrzehnten palliative Behandlungsoptionen verfügbar sind, sind sie in der Kardiologie noch eher unüblich", sagt die Expertin. Auch die Themen von Sterben und Tod würden im Umgang mit kardiologischen Patienten nach wie vor zu oft vermieden.

"Gespräche tun gut"

Herbert Watzke, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin und Vorstandsmitglied der Österreichischen Palliativgesellschaft der MedUni Wien, äußerte sich ganz ähnlich. Man müsse besprechen, wie das Leben weitergehen wird: "Wir wissen aus der Onkologie, dass diese Gespräche den Patienten gut tun. Studien haben gezeigt, dass ehrlicher Umgang zumindest bei onkologischen Patienten nicht nur die Lebensqualität verbessert, sondern auch das Leben verlängert. Menschen wollen wissen, was sie erwartet."

Bei Herzinsuffizienz stellt sich beispielsweise die Frage, ob eine Dialyse dem Patienten noch etwas bringt, wenn zusätzlich zum Herzen auch die Nieren versagen. Die Betreuung terminaler Herzinsuffizienz-Patienten könne, wie nicht zuletzt Studien aus Wien gezeigt hätten, unter Einsatz speziell ausgebildeter Pflegepersonen mit regelmäßigen Hausbesuchen sehr lange im häuslichen Umfeld erfolgen, betonte Watzke. Wenn das nicht mehr möglich sei, wäre eine stationäre Aufnahme oder die Betreuung durch speziell geschulte mobile Teams möglich. (APA, derStandard.at, 23.1.2015)