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Stavros Theodorakis und seine Partei To Potami bieten sich als Koalitionspartner an.

Foto: EPA/ALEXANDROS VLACHOS

STANDARD: Was ist To Potami - eine Bürgerbewegung oder der Versuch einer liberalen Partei, der bisher in Griechenland nicht funktionierte?

Stavros Theodorakis: Es ist eine Bewegung für den Wandel, die alle Dinge in diesem Land, die falsch sind, in Ordnung bringen will, ohne dabei das Land zu zerstören. Wir stehen den liberalen Ideen nicht sehr nahe, wir sind aber auch nicht nahe bei den Linksgerichteten. Wir sind das Zentrum des Wandels. Unsere Anhänger sind normale berufstätige Menschen, keine Politiker. Wenn Sie Politiker in unserer Partei sehen, dann solche, die unseren Positionen zustimmen. Sie kommen zu uns.

STANDARD: To Potami (Der Fluss) ist nicht einmal ein Jahr alt und laut Umfragen bereits die drittstärkste Kraft in Griechenland. Wie kommt das?

Theodorakis: Es zeigt, wie sehr die Menschen wollen, dass sich die Dinge im Land ändern; und wie wenig sie an das alte Politiksystem glauben. Sie müssen sich auch vor Augen halten, dass wir in den Umfragen die Drittplatzierten sind, ohne Geld auszugeben und ohne Werbung im Fernsehen, Radio und in den Zeitungen. Wir haben auch keine dieser alten Politiker, die ihre Macht ausnutzen, um Werbung für uns zu machen. Wir haben ein Büro für ganz Griechenland, und wir sind 30 Leute hier.

STANDARD: Sie sagen, Sie stehen weder links noch rechts. Nach diesen Wahlen aber werden Sie sehr wahrscheinlich eingeladen werden, eine Koalition entweder mit Syriza oder mit Nea Dimokratia zu bilden. Also wo gibt es hier Überschneidungen?

Theodorakis: Unter den besonderen Umständen jetzt ist es das europäische Profil der Nea Dimokratia, das uns dieser Partei näherbringt. Auf der anderen Seite stimmen wir mit Syrizas Kritik an dem alten politischen System überein. Das Problem mit Syriza ist, dass das, was sie politisch vorschlägt, das Land nur wieder zurück zu den alten Tagen bringt. Nea Dimokratia wiederum würde Griechenland mit ihrer Politik zu einem sehr schwachen Land machen, zum Paria Europas.

STANDARD: Syriza will einen Teil der Schulden Griechenlands abschreiben und den Modus für die Rückzahlung ändern: Schuldentilgung je nach Wirtschaftswachstum, nicht mehr mit erspartem Haushaltsüberschuss. Was halten Sie davon?

Theodorakis: Griechenlands Schulden und die vieler Länder im Süden Europas sind riesig. Sie hängen wie Bleikugeln an ihren Füßen. Europa muss eine Grundsatzentscheidung über diese Schulden fällen. Nicht nur Griechenland hat Schulden. Wir wollen eine Auszeit, niedrigere Zinssätze und längere Rückzahlung.

STANDARD: Die Zinssätze sind bereits sehr niedrig, die Zeitrahmen weit gestreckt.

Theodorakis: Sie haben recht mit den Zinsen, nicht so mit den Zeitrahmen. Aber wir bitten die europäischen Staaten nicht, Schulden abzuschreiben, die wir bei ihnen haben. Wir fordern, dass die Schulden aller Länder in derselben Weise gehandhabt werden wie die Griechenlands. Wir wollen keine Sonderbehandlung. (Markus Bernath, DER STANDARD, 23.1.2015)