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Einst lockte der Schweizer Franken Kreditnehmer an, weil die Verschuldung in Franken aus der Euro-Perspektive billiger war. Jetzt wurde der Währungsvorteil zum Risiko für Kreditnehmer.

Foto: dpa/Patrick Seeger

Wien - Für viele Kreditnehmer war die Aktion der Schweizer Nationalbank (SNB) vergangene Woche ein Schock. Die Aufhebung des Franken-Mindestkurses von 1,20 gegenüber dem Euro heißt, dass die in Franken aufgenommene Kreditschuld sich verändert - im Moment rapide verteuert. Betroffen davon sind in Österreich laut Finanzmarktaufsicht (FMA) rund 151.000 Haushalte, die so einen Kredit haben. Die in Euro aushaftende Summe ist durch die Wechselkursänderung in den vergangenen Tagen im Schnitt um 33.000 Euro angestiegen, rechnet die FMA vor. Das Volumen aller aushaftenden Frankenkredite hat sich durch die Aufwertung der Schweizer Währung von knapp 25 auf knapp 30 Milliarden Euro erhöht.

Was also jetzt tun? Festzuhalten ist, dass der Verlust im Moment nur auf dem Papier steht - realisiert wird dieser nur, wenn der Kredit jetzt vollständig in Euro konvertiert wird. Für rund 6000 Haushalte ergibt sich aber akut ein Handlungsbedarf, denn ihre Kredite werden heuer im Jahresverlauf fällig. Das sind vier Prozent der ausstehenden Kredite oder 1,2 Milliarden Euro, die fällig werden.

Mit der Bank reden

Experten raten daher, jetzt rasch das Gespräch mit der Bank aufzusuchen. Ob und welcher Handlungsbedarf sich ergibt, hängt auch davon ab, wann und zu welchem Franken-Kurs der Kredit abgeschlossen wurde und wie lange die Restlaufzeit ist. "Das Schwierige ist, dass wirklich jeder Vertrag unterschiedlich ist", sagt Christof Sperk, Leiter vom Produktmanagement der Bank Austria. Die erste Überlegung, die Sperk mit Kunden durchgeht, ist daher: Was bedeutet mein Kurs von damals für die aktuelle Situation? Als Nächstes stellt sich die Frage nach dem bisherigen Zinsvorteil, der die aushaftende Schuld verkleinert hat. "Der Vorteil, dass man in der fremden Währung geringere Zinsen gezahlt hat, ist seit Beginn der Finanzkrise und der seit 2008 eingeleiteten Niedrigstzinspolitik schon lange passé", sagt Sperk.

Als nächster Punkt ist zu klären, wie sich der Tilgungsträger entwickelt hat. Anfang der 2000er-Jahre lag die Renditeerwartung aufgrund der damaligen Marktlage zwischen acht und neun Prozent. Das kann eine Veranlagung heute kaum noch erwirtschaften - daher ist davon auszugehen, dass die Tilgungsträger nicht das bringen werden, was sich die Kunden davon erwarten. Folgende Möglichkeiten bieten sich aktuell an:

  • Vollausstieg Hierbei wird die volle Summe in Euro konvertiert. Damit wird zwar der Währungsverlust realisiert, das Währungsrisiko aber ausgeschaltet. Wird auch der Tilgungsträger (meist klassische oder fondsgebundene Lebensversicherungen oder Fonds) aufgelöst und die Summe auf den Kredit einbezahlt, kann die ausstehende Summe reduziert werden. Als Kunde hat man dann einen klassischen Eurokredit, der mit monatlichen Raten laufend abbezahlt wird. Banken offerieren für diesen Schritt im Moment eigene Angebote. Die Bank Austria bietet etwa im Fall der Konvertierung 2,5 Prozent Zinsen auf zehn Jahre und 2,0 Prozent auf fünf Jahre. Spesen für die Konvertierung werden nicht berechnet, heißt es aus der Bank Austria und auch aus der Erste Bank. Die Kreditsumme hat sich damit in den meisten Fällen wohl erhöht - das Franken-Abenteuer ist aber beendet.

  • Nichts tun Man belässt Tilgungsträger und Kredit, wie sie sind, und hofft darauf, dass sich der Franken künftig wieder vorteilhaft für die eigene Kreditsituation entwickelt. Damit wird die Entscheidung in die Zukunft vertagt. Wer sich für diesen Schritt entscheidet, sollte aber noch eine lange Kreditlaufzeit vor sich haben.

  • Tilgung starten Statt auf den Tilgungsträger zu hoffen, können Kunden den Kredit von endfällig auch so umstellen, dass monatlich Raten gezahlt werden. Damit hat man zwar eine monatliche Belastung, die es bis dato nicht gab - damit werden aber jetzt schon die Schulden vermindert.

  • Halbe-halbe Möglich ist es auch, nur die Hälfte in Euro zu konvertieren. Damit wird aktuell nur der halbe Verlust realisiert. Ein Teil des Kredits (Franken oder Euro) kann endfällig bleiben, die andere Hälfte wird getilgt.

"Wir empfehlen unseren Kunden, das Risiko so weit wie möglich rauszunehmen", sagt Sperk. Reinhard Aumann, Fremdwährungskreditexperte bei der Erste Bank, rät dazu, in irgendeiner Form mit der Tilgung des Kredits zu beginnen. "Weil die Zinsen für Eurokredite jetzt auch sehr niedrig sind, sollte man die Chance für einen Switch nutzen", sagt Aumann. Beim Abschluss des Franken-Kredits hätten Kunden oft um zwei bis drei Prozent höhere Zinsen bezahlt, als jetzt im Euro anfallen. Die aktuellen Zinsangebote für einen Switch in den Euro liegen auch bei der Erste-Bank bei rund zwei Prozent, "das ist die Hälfte dessen, was Kunden beim Einstieg in den Franken bereit waren zu zahlen", hält Aumann fest. Strecke man die Laufzeit des Kredits, komme es nicht zwingend zu einer monatlichen Mehrbelastung und man beginne, die Schulden zu reduzieren.

Berechnungen anstellen

"Wichtig ist, dass man sich jetzt von seiner Bank ausrechnen lässt, wie sich der Eurokredit im Haushaltsbudget auswirkt", sagt Aumann. Kunden müssten pro Monat nicht zwingend mehr Geld in die Hand nehmen. Wichtig sei, dass die Zinsen "jetzt langfristig abgesichert werden, damit die Zahlungen planbar bleiben".

Von Zwangskonvertierungen oder Nachbesicherungen nehmen beide Häuser laut eigenen Aussagen Abstand. Solch ein Anspruch bestehe laut Verein für Konsumenteninformation (VKI) ohnehin nur dann, wenn das im Kreditvertrag vorgesehen und die entsprechenden Klauseln auch zulässig ausgestaltet sind.

Stop-Loss-Problem

Um zu vermeiden, dass sich bei einer Aufhebung des Mindestkurses von 1,20 Franken/Euro die Kredite massiv verändern und die Schuld rapide steigt, haben viele Kreditnehmer ein Stop-Loss-Limit bei 1,19 Franken/Euro gesetzt. Weil mit der Freigabe des Frankenkurses das Stop-Loss-Limit aber massiv unterschritten wurde, wurden die Kredite zu einem schlechteren Kurs in Euro konvertiert. "Für Banken hätte eigentlich klar sein müssen, dass derartige Limitorder in solchen Konstellationen ungeeignet sind", schreibt der VKI in einem Spezial zu Fremdwährungskrediten.

Die Experten von Finanzombudsmann raten dazu, von der Bank eine Offenlegung zu verlangen, wie der jeweilige Konvertierungskurs zustande gekommen ist. Geschädigte Kreditnehmer haben nach Ansicht der Konsumentenschützer potenziell Ansprüche gegenüber ihrer Bank. Von ersten Klagen diesbezüglich ist in der Branche schon zu hören. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 23.1.2015)