Wien/London - Luxemburg dürfte Österreich bei seiner geplanten Klage gegen die Staatshilfe für den Bau des britischen AKW Hinkley Point C unterstützen. Das berichtete der "Guardian" am Donnerstag online. Die EU-Kommission hatte im Oktober die Genehmigung für Staatshilfen und damit für das Projekt erteilt. Österreich will beim Europäischen Gerichtshof dagegen vorgehen.

Es sei sehr wahrscheinlich, dass Luxemburg Österreich dabei unterstütze, schrieb die Zeitung. Ein nicht genanntes weiteres EU-Land könnte sich demnach ebenfalls beteiligen. Im Oktober hatte auch die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks den Beschluss der EU-Kommission als "grundfalsch" kritisiert. Sie wollte innerhalb der deutschen Regierung für eine Klage werben.

Dem Bericht zufolge wird der EU-Beschluss in den nächsten 14 Tagen im Amtsblatt veröffentlicht. Österreich will innerhalb der darauffolgenden zwei Monate reagieren, wurde Alexander Molin vom Umweltministerium entsprechend zitiert. Aus Sicht Österreichs sind alternative Energieformen förderungswürdig, nicht aber die Kernkraft. Außerdem werde hier Wettbewerbsverzerrung betrieben.

Verzögerung durch Gerichtsverfahren

Ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof könnte eine Entscheidung der britischen Regierung über ihre Investitionen und Garantien für Hinkley Point im Südwesten Englands um Monate, wenn nicht Jahre verzögern. Premier David Cameron hat das Projekt ausdrücklich begrüßt, bis zu einer endgültigen Entscheidung könnte aber auch die Regierung wechseln. Im Mai wird in Großbritannien gewählt.

An dem Bau, hinter dem ein französisch-chinesisches Konsortium steht, ist der französische Versorger EDF maßgeblich beteiligt. Eine offizielle Ausschreibung gab es allerdings noch nicht. Die Baukosten werden laut EU-Kommission bei rund 31,2 Milliarden Euro liegen. Der Start des neuen Meilers ist für 2023 vorgesehen, die Laufzeit soll 60 Jahre betragen. Die beiden geplanten Reaktoren sollen insgesamt 3,3 Gigawatt Strom erzeugen, damit würden sieben Prozent des britischen Strombedarfs gedeckt.

Barroso: "Politisch heikles Thema"

Der "Guardian" schreibt unter Berufung auf den Entscheidungsentwurf der EU-Kommission und das Sitzungsprotokoll, dass das gemeinschaftliche Interesse an Energiesicherheit entscheidend für die Zustimmung zu den Staatshilfen gewesen sei. Der damalige Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso habe den Beschluss allerdings als bisher nicht dagewesenen Präzedenzfall betrachtet, der "ein politisch heikles Thema antastet". Nach Angaben aus EU-Kreisen stimmten damals 16 der 28 EU-Kommissare für die Staatshilfen, fünf dagegen, darunter aus Österreich Johannes Hahn. Ein Kommissar enthielt sich demnach, sechs weitere waren nicht anwesend.

Global 2000: "Teuerstes Kraftwerk der Welt"

Mark Johnston vom European Policy Centre sagte der Zeitung: "Die EU-Kommission traf eine politische Entscheidung, maskiert als eine rechtliche. Barroso dachte, es sei einfacher, sich in Richtung Cameron zu verbiegen, als den gemeinsamen Energiemarkt zu verteidigen. Die Bedeutung des Falles für Investitionen in den Energiesektor in ganz Europa könnte nicht größer sein."

Die Umweltorganisation Global 2000 kritisierte das Hinkley-Projekt am Donnerstag in einer Aussendung als "teuerstes Kraftwerk der Welt", für das die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler "blechen" sollen. "Zur Erreichung der gemeinsamen Ziele sind Energiesparen oder Energie aus Sonne, Wind und Wasser heute billiger, wettbewerbsfähiger und natürlich umweltfreundlicher." Global-2000-Atomsprecher Reinhard Uhrig kündigte eine eigene Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof wegen fehlender Öffentlichkeitsbeteiligung an. Die Begründung für den EU-Beschluss sei unhaltbar. (APA, 22.1.2015)