Die Lage sei derzeit ruhig im Haus in der Gebrüder-Lang-Gasse, heißt es aus dem Büro für Sofortmaßnahmen.

Foto: Heribert Corn, www.corn.at

Wien - Es sind von den Eigentümern vernachlässigte, oft baufällige Zinshäuser. Sie werden von Armutsbetroffenen bewohnt, die aus EU-Ländern wie Bulgarien und Rumänien kommen und sich in Wien mit Betteln oder Gelegenheitsjobs über Wasser halten. Mehrköpfige Familien teilen sich einzelne Zimmer, 15 oder 20 Menschen können auf eine Wohnung kommen. Unter Begriffen wie "Massenquartier" und "Matratzenlager" wandert das Phänomen durch die Medien. Mehrere Dutzend "Problemhäuser" soll es in Wien geben - im vergangenen Jahr bewegten sich die vermeldeten Zahlen zwischen 30 und 80.

"Ich habe immer gesagt, dass es sicherlich weniger als zehn sind", sagt hingegen Walter Hillerer, Leiter des Büros für Sofortmaßnahmen, im Standard-Gespräch. Aktuell gebe es aus Sicht der Stadtverwaltung überhaupt keine derartigen Häuser in Wien.

Haus unter Beobachtung

Die "Hotspots", also jene Orte, an denen ein Einschreiten des Büros für Sofortmaßnahmen etwa aus feuerpolizeilichen Gründen notwendig war, seien mittlerweile geräumt oder abgerissen worden, sagt Hillerer. Nur eines der bisher auffälligen Häuser in Rudolfsheim werde derzeit beobachtet, die Lage sei aber entspannt. Der Stadtverwaltung seien darüber hinaus nur vereinzelt Wohnungen bekannt, in denen ein Eingreifen notwendig werden könnte.

Für den Verein Bettellobby Wien stellt sich die Frage nach der Existenz von "Problemhäusern" nicht. Tatsache sei, dass armutsbetroffene Menschen aus Osteuropa in Wien in prekären Wohnverhältnissen leben: "Sie haben keinen Zugang zum sozialen und sehr schlechte Chancen am privaten Wohnungsmarkt. Vermieter vergeben ihre Objekte nicht an armutsbetroffene Roma ohne Deutschkenntnisse", sagt Anna Kokalanova vom Verein Bettellobby. Wie viele Personen unter prekären Bedingungen wohnen, sei nicht seriös zu beantworten. Es gibt keine Erhebungen, und das Büro für Sofortmaßnahmen erfährt von überbelegten Quartieren erst, wenn Beschwerden auftauchen.

Sozialarbeit und Aufklärung

Die Bettellobby plädiert dafür, die Betroffenen durch Sozialarbeiter und Dolmetscher zu unterstützen sowie über Mietrecht und angemessene Mietpreise aufzuklären. Ausbeutung durch Vermieter, die für vernachlässigten Wohnraum überhöhte Preise verlangen, wäre dann schwieriger, nachbarschaftliche Konflikte könnten entschärft werden.

Mit der Räumung von Häusern werde das Problem jedenfalls nicht gelöst, sagt Birgit Hebein, Sozialsprecherin der Wiener Grünen. Menschen und Armut würden dadurch nicht verschwinden. Das Phänomen sei ein EU-weites und könne nur durch eine gemeinsame Europapolitik nachhaltig gelöst werden. (Christa Minkin, DER STANDARD, 22.1.2015)