Bild nicht mehr verfügbar.

Die Mitglieder des Anuak-Volkes wurden von der äthiopischen Regierung zwangsumgesiedelt.

Foto: Jean-Pierre De Mann / Robert Harding / picturedesk.com

Washington/Wien - Es besteht eine Verbindung zwischen der Zwangsumsiedlung von indigenen Menschen in Äthiopien und der Weltbank. Das hat eine interne Untersuchung der Institution ergeben, dessen vorläufiger Bericht an Medien durchgesickert ist. Es geht um eine Gesundheits- und Bildungsinitiative, in die in den vergangenen zehn Jahren fast zwei Milliarden Dollar investiert wurde. Aus diesem Topf sollen Regionalregierungen, aber auch die Gehälter von Beamten bezahlt worden sein, die indigene Anuak mit Gewalt umgesiedelt hatten.

Das International Consortium of Investigative Journalism (ICIJ) zitiert aus dem Bericht, dass es eine "operative Verbindung" zwischen dem Spendenprogramm der Weltbank und den Zwangsumsiedlungen gegeben hat. Indem dieser Zusammenhang ignoriert wurde, habe die Institution ihre eigenen Richtlinien in Bezug auf Projektbewertung, Risikoeinschätzung, Finanzanalyse und den Schutz von indigenen Völkern verletzt.

Menschenrechtsverletzungen

Bereits im Jahr 2012 zeigte ein Bericht von Human Rights Watch (HRW), dass im Zusammenhang mit dem "Villagization"-Programm der äthiopischen Regierung die Rechte der Indigenen verletzt wurden. Vergewaltigungen, Angriffe und willkürliche Verhaftungen wurden von der Menschenrechtsorganisation aufgezählt. "Mein Vater wurde geschlagen, weil er sich weigerte, mit den anderen Stammesältesten (in das neue Dorf) zu gehen", wird eine Zeugin von HRW zitiert. Er sei daraufhin von Soldaten mit Stöcken und Gewehrkolben geschlagen worden und seinen Verletzungen später erlegen.

Offiziell wollte die Regierung Äthiopiens durch die Umsiedlungen in den Jahren 2011 bis 2013 bessere Lebensbedingungen für die Menschen schaffen und versprach medizinische Hilfe, Trinkwasser und Bildungseinrichtungen in den neuen Dörfern. Hilfsorganisationen berichteten aber von unfruchtbaren Böden und dadurch fehlender Nahrung für die Bewohner. Insgesamt 60 Prozent aller Bewohner der betroffenen Region Gambella im Westen des Landes wurden umgesiedelt.

Kein Kommentar

Vor drei Jahren versicherten die internationalen Geber, darunter auch die Weltbank, dass die Umsiedlungen freiwillig passieren. Die interne Untersuchungskommission will laut Prüfbericht auch jetzt die Menschenrechtsverletzungen nicht bewerten, da das nicht Teil ihres Auftrags gewesen sei. Ein Sprecher der Weltbank ließ dem ICIJ ausrichten, dass er keine Ergebnisse der Prüfungskommission kommentieren kann, bevor der Vorstand den Bericht in den kommenden Wochen untersucht habe.

"Es ist gut, dass eine Mitverantwortung festgestellt wurde", sagt Wolfgang Büttner, Sprecher von Human Rights Watch. Jetzt sei es aber wichtig, dass der Bericht ernst genommen wird. Die Weltbank überlegt laut Büttner im Moment, die Menschenrechtssituation mehr zu respektieren, wenn es um die Vergabe von Fördergeldern geht. "Bei diesem Thema gibt es intern aber großen Widerstand", so der Sprecher.

Die von der Weltbank finanzierten Projekte werden nicht zum ersten Mal kritisiert. So sollen Kredite an Palmölproduzenten in Honduras vergeben worden sein, deren Personal dutzende Bauern im Zuge eines Landstreits ermordet haben soll. Im Juni 2014 appellierten Menschenrechtsorganisationen an die Weltbank, ihre Unterstützung für Usbekistan zu überdenken, da dadurch unter anderem der Baumwollsektor mit Zwangs- und Kinderarbeit finanziert worden sei. (Bianca Blei, DER STANDARD, 22.1.2015)