Wien/St. Pölten - Finanzexperte Werner Doralt hat scharf kritisiert, dass die Bundesländer Wien und Niederösterreich die Folgen der Franken-Aufwertung auf ihre Verbindlichkeiten nicht ausweisen. Gebietskörperschaften dürften bei der Rechnungslegung nicht anders behandelt werden als Unternehmen, dass sie den Schaden durch den stärkeren Franken nicht zeigten sei "unverantwortlich" und "Scharlatanerie".

"Ich kann nicht sagen, ich weise diese Verluste nicht aus, weil ich den Kredit verlängern kann", rügte Doralt im Ö1-Mittagsjournal des ORF-Radio. Unternehmer müssten die Verbindlichkeiten jetzt in der neuen Höhe ausweisen, auch wenn der Kredit noch 30 Jahre laufe, und dies sollte auch für Gebietskörperschaften gelten, fordert Doralt.

Konkret ist der Schuldenstand der Gemeinde Wien durch den stärkeren Franken um 300 Mio. Euro gestiegen, die Frankenschuld betrage jetzt fast zwei Mrd. Euro, das seien rund 40 Prozent der Gesamtschuld der Bundeshauptstadt. Dass die Wiener Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) darin kein Problem sehe und dies nicht ausweisen werde, weil die Kredite verlängert werden könnten, ist laut Doralt ebenso unverantwortlich wie das Vorgehen des niederösterreichischen Finanzstadtrats Wolfgang Sobotka (ÖVP). Denn auch das Land Niederösterreich sitze auf Frankenkrediten im Wert von 900 Mio. Euro, das seien 30 Prozent der Gesamtschulden, und habe erst vor drei Monaten zwei Frankenanleihen über zusammen 300 Mio. Euro begeben, heißt es im Mittagsjournal. In Niederösterreich sei das Vorgehen noch dazu durch ein Landesgesetz legitimiert: "Wenn das Landesgesetz das zulässt, sind wir in dieser verantwortungslosen Situation, wo man Verluste, die eingetreten sind, nicht ausweisen muss - das ist Scharlatanerie", empört sich Doralt.

Die Freigabe des Franken-Euro-Kurses durch die Schweizer Notenbank (SNB) und die damit verbundene drastische Aufwertung des Schweizer Franken hat in Österreich Frankenkredite deutlich verteuert. Verhandlungen über einheitliche Finanzregeln in Bund und Ländern seien im Laufen, heißt es im Finanzministerium. (APA, 20.1.2015)