Ein neuer Krieg ist das Letzte, was der Nahe Osten noch braucht. Eine Eskalation zwischen der Hisbollah und Israel, das am Sonntag auf dem syrischen Golan Hisbollah-Kämpfer und einen iranischen Kommandanten tötete, könnte auch noch den Libanon zum Kippen bringen.

Die libanesische Innenpolitik ist momentan "eingefroren": Mühsam gelingt es, die auf der Straße ausgetragenen Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Gruppen - die sich auch in Syrien auf unterschiedlichen Seiten gegenüberstehen - aus der Verwaltung des Landes herauszuhalten. Es ist ein prekäres Gleichgewicht, das unter weiteren Belastungen zusammenzubrechen droht.

Die Krise um die Hisbollah-Präsenz auf dem Golan lag in der Luft. Dort engagieren sich die verschiedensten am Syrien-Krieg beteiligten Kräfte: Israel hat nicht nur die jihadistische Nusra-Front als Nachbarn, sondern sogar einen "Islamischen Staat"-Splitter. Nichts macht Israel jedoch solche Sorgen wie die schiitische Hisbollah - in Kombination mit ihren iranischen Sponsoren und deren Raketen.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat 2013 Israel gedroht, am Golan eine Front zu eröffnen, zuletzt hat er dies dementiert, doch mit dem Hinweis auf die neue Hisbollah-Superbewaffnung verbunden. Israel - im Wahlkampf - hat nun einen Warnschuss abgegeben. Die Überzeugung ist wohl, dass Hisbollah-Sponsor Iran momentan kein Interesse an einer Eskalation hat. Das ist aber keine Garantie dafür, dass jegliche Reaktion ausbleiben wird. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 20.1.2015)