Wien - Neben der aktuellen Terrorbedrohung für das Land standen am Freitag im Nationalen Sicherheitsrat die anvisierten Anschaffungen von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf dem Plan: Wie berichtet, will die Innenministerin nun mit einen dreistelligen Millionenbetrag in die Ausstattung der Sicherheitskräfte investieren - was aber nicht nur bei anderen Parteien auf Bedenken stößt.

Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann erklärt dem STANDARD: Das Sicherheitspaket sei "nur ein Teil" der Gegenstrategie. Mindestens ebenso wichtig bei der Bekämpfung von Terror sei die Prävention: "Denn soziale Sicherheit, Arbeit und eine anständige Perspektive für Jugendliche entzieht Radikalisierung den Nährboden."

Sankt Pölten ist nicht Paris

Der Grüne Peter Pilz meint wiederum: "Mikl-Leitner verwechselt Sankt Pölten mit Paris, die Innenministerin will die Militarisierung der Polizei."

Als besonders umstritten gilt, dass das Innenministerium auf "beschusssichere Hubschrauber" drängt, wo im Terrorfall doch jene des Bundesheeres bei Aufforderung zur Assistenz für dringende Einsätze von Spezialeinheiten der Exekutive sofort angefordert werden können.

Heeresangebot an die Polizei

Seit dem Jahr 2012 gibt es sogar ein entsprechendes "Verwaltungsübereinkommen" zwischen dem Verteidigungsressort und dem Innenministerium, wonach Ausbildung wie Zusammenarbeit zwischen der Cobra des Innenamts und dem Jagdkommando sowie den Luftstreitkräften des Militärs "zu vertiefen" ist, um "für beide Ressorts eine "Win-win-Situation zu erreichen", wie es gleich in der Präambel des 21-seitigen Konvoluts heißt, das dem Standard vorliegt.

Dazu hält Oberst Michael Bauer, Sprecher des Verteidigungsressorts, schwarzen Einwänden entgegen, wonach sich die Cobra im Worst Case ja weder aus Militärhubschraubern abseilen, geschweige denn aus den Bundesheermaschinen heraus einen Schuss abgeben dürfe: "Gemäß der heeresinternen Vorschriften gibt es nur Einschränkungen, mit welchen Waffen aus den Hubschraubern geschossen werden darf, ob das dann - im schlimmsten Fall - der Oberleutnant Maier von der Cobra oder der Oberleutnant Huber vom Bundesheer macht, ist egal - und keinesfalls reglementiert." Die dafür explizit erlaubten Waffen sind übrigens Scharfschützengewehre und Sturmgewehre.

Jeden Dienstag Nachtflüge

Bauer verweist auch darauf, dass es rund um die Uhr "einen diensthabenden Offizier" für die Luftstreitkräfte gebe, sodass das Innenministerium bei einer Bedrohungslage jederzeit mit militärischer Unterstützung rechnen kann: "Außerdem proben wir jeden Dienstag den Nachtflug für Einsätze, daher ist das alles nur eine Frage der Anforderung."

Allerdings ist man beim Bundesheer seit Jahr und Tag auf einen Sparkurs festgelegt - die Luftraumüberwachung mit den Eurofightern wird aus Kostengründen nicht 24 Stunden am Tag aufrechterhalten. Dies passiert jedoch bei einer besonderen Bedrohungslage - wenn man also davon ausgeht, dass mit Luftraumverletzungen zu rechnen ist. Ähnlich ist es mit den Hubschraubern.

Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, besteht im STANDARD-Gespräch darauf, dass für polizeiliche Einsätze künftig zu jeder Tages- und Nachtzeit zwei Hubschrauber für den Transport kleiner Gruppen von Spezialeinsatzkräften zur Verfügung stehen müssten: "Wir haben eine exzellente Zusammenarbeit mit dem Bundesheer", betont Österreichs höchster Polizeioffizier und verweist auf die gemeinsamen Übungen: "Wir haben uns daher zusammengesetzt, denn uns geht es nur um eine einzige Sache, nämlich zu jeder Stunde Gerät zur Verfügung zu haben."

Für die polizeilichen Aufgaben müssten dieses Fluggerät und die darin zu transportierenden Polizisten gegen Beschuss gesichert werden. Bei den beim Bundesheer eingesetzten und erst kürzlich um 63 Millionen Euro mit einem neuen Cockpit ausgestatteten Hubschrauber AB 212 könne das durch die Anbringung von entsprechenden Platten an der Außenhülle passieren.

Drei Varianten für Exekutive

Kogler versichert, dass es dem Innenministerium nicht um Hubschrauber der Größenklasse des Black Hawk gehe - aber um größere als die derzeit für maximal vier Personen ausgelegten Polizeihubschrauber: "Es wäre problematisch, wenn wir uns schon jetzt auf ein Gerät festgelegt hätten." Jegliche Synergieeffekte wären wünschenswert und sollten freilich lukriert werden.

Dies könnte auf verschiedene Weise erreicht werden: Entweder beim Bundesheer werden entsprechend ausgestattete Hubschrauber sowie Besatzung in einer 24-Stunden-Bereitschaft bereitgehalten - was höhere Kosten beim Bundesheer verursachen würde, die die Militärs gern abgegolten hätten. Oder die Polizei kauft baugleiche Hubschrauber, besorgt sich die Einsatzbereitschaft selbst, lässt aber den gesamten (und sehr kostenintensiven) Werftbetrieb beim Bundesheer.

In einer dritten Variante würde die Polizei ihre Flugbereitschaft völlig vom Bundesheer abkoppeln. Das würde die unabhängige Beschaffung eines mittleren Hubschraubertyps bedeuten, für den allenfalls eigene Logistik im Bereich des Innenressorts aufgebaut werden müsste. Um das zu vertretbaren Kosten bewältigen zu können, würde das Innenministerium einen Teil der kleineren Polizeihubschrauber abgeben. "Flottenbereinigung" nennt Kogler das.

Kanzler will Antworten auf soziale Fragen

Regierungschef Faymann versichert, bei den koalitionären Gesprächen zum Sicherheitspaket "sind wir sehr weit". Und er erklärt: "Die Frage der Ausstattung der Polizei ist eine zentrale, ebenso wichtig sind in unserer Situation aber Antworten auf soziale Fragen und Fragen der Integration." In vielen europäischen Ländern hätten Jugendliche weder Ausbildung noch Job: "Das müssen wir ändern, um dem Terror langfristig Einhalt zu gebieten." (Conrad Seidl, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 17.1.2015)