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Die Auflassung einer kleinen Schule kann einen längeren Schulweg bedeuten.

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Helmut Mödlhammer ist verärgert: "Die Schulerhalter sind die Gemeinden, deshalb hat die Ministerin damit eigentlich überhaupt nichts zu tun."

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Gemeindebundchef Helmut Mödlhammer (ÖVP) hält "überhaupt nichts" von dem Vorschlag, Mindestschülerzahlen für Schulen einzuführen. Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hatte gegenüber derStandard.at angeregt, österreichweit festzulegen, wie viele Schüler eine Schule mindestens haben soll. "Es kann nicht im fernen Wien entschieden werden, was im Kleinen Walsertal oder in Osttirol passiert", begründet Mödlhammer seine Ablehnung im Gespräch mit derStandard.at. Auch bei den zuständigen Landesrätin stößt der Vorschlag auf breite Ablehnung.

Eine Auswertung des Bildungsministeriums weist für 202 oder 6,6 Prozent aller Volksschulen Schülerzahlen bis 20 Kindern aus. In 48 davon werden höchstens zehn Schüler unterrichtet. Auch in zwei privaten Haupt- bzw. Neuen Mittelschulen (NMS) saßen 2013/14 nicht mehr als 10 Schüler. Die Schülerzahlen sinken, und der Rechnungshof hat im Vorjahr aufgrund hoher Kosten weitere Schließungen von Kleinschulen gefordert.

Derzeit regelt der Bund nur die Klassenschülerzahlen. Für Volksschulen sind mindestens zehn Schüler pro Klasse vorgeschrieben. Über die Schulgröße entscheiden die Länder, laut Gesetz müssen sie dabei einen "zumutbaren Schulweg" beachten. Die Mindestgrößen variieren in den Bundesländern zwischen drei (Tirol) und 100 Schülern (Oberösterreich) für eine Volksschule.

Heinisch-Hosek schlägt nun Mindestgrößen für Schulen vor. Für den sekundären Bereich kann sie sich einen Mindestzahl von 300 Schülern vorstellen. Den Vorschlag will sie mit den Ländern und der ÖVP koordinieren.

"Ministerin hat damit nichts zu tun"

Mödlhammer ist über die Idee verärgert. "Die Schulerhalter sind die Gemeinden, deshalb hat die Ministerin damit eigentlich überhaupt nichts zu tun. Sie sollte sich mehr um die Bundesschulen kümmern." Kleinschulen seien nicht die Kostentreiber. "Sie wirtschaften sehr kostengünstig und gut." In der Reduktion der Schulverwaltung sei viel mehr Geld drinnen als bei "den paar Lehrern, die man so einsparen könnte und die sehr gute Arbeit in Kleinschulen leisten". Der Chef des Gemeindebundes spricht sich stattdessen dafür aus, dass der Bund alle Schulfragen den Ländern überlässt und ihnen auch die Kompetenz für die Lehrer übergibt.

Entscheidungen vor Ort treffen

"Wenn das Land das Budget hat, dann kann es in Abstimmung mit den Gemeinden die notwendigen Bedingungen schaffen", sagt Mödlhammer. Man müsse vor Ort entscheiden, welche Schule geschlossen werden solle und welche nicht. "Die unterschiedlichen Bedingungen sind zu respektieren."

Für Mödlhammer haben Kleinschulen auch pädagogische Vorteile gegenüber größeren. "Es ist absolut nicht richtig, dass die Qualität in großen Schulen steigt, im Gegenteil. In der Masse werden Talente nicht erkannt und Schwächen nicht entdeckt." Heinisch-Hosek hatte gesagt, dass die Angebote an größeren Schulen zahlreicher seien als an kleineren.

Ausdünnung im ländlichen Raum

Mödhammer lehnt die Schließung von Kleinschulen auch deshalb ab, weil sie "eine Ausdünnung des ländlichen Raumes zulasten der Schüler und auch der Eltern" bedeute. "Die Schüler müssten wesentlich früher aufstehen und längere Wege in Kauf nehmen, man zerschlägt eine funktionierende Struktur."

Der Gemeindebundchef gibt aber zu, dass es auch bei Kleinschulen Sparmöglichkeiten gibt. "Gewisse Verwaltungsausgaben könnte man durchaus zusammenfassen. Es muss nicht jede Schule einen eigenen Direktor haben." Zwei Gemeinden könnten auch entscheiden, dass nicht beide eine Volks- und eine Hauptschule brauchen. "Man sollte hier den Gemeinden, also den Schulerhalten, mehr Autonomie geben. Das kann man auf Landesebene viel leichter machen als im fernen Wien."

Auch Niessl dagegen

Auch der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) ist gegen Mindestgrößen für Schulen. Eine Mindestzahl von 300 Schülern im sekundären Bereich sei "überhaupt kein Thema", sagte er zur APA. Im Burgenland würden von 41 Neuen Mittelschulen nur fünf diese Voraussetzung erfüllen. "Das werde ich mit Sicherheit nicht akzeptieren." Im Burgenland gibt es die meisten Volksschulen mit nur einer Klasse (22 Prozent).

Er werde sich massiv dafür einsetzen, dass solche Vorschläge sicher nicht umgesetzt werden, betonte Niessl, der auch Mitglied der Bildungsreform-Arbeitsgruppe der Regierung bzw. der Länder ist. Diese zeigten, dass die Länder mehr Verantwortung in der Bildung bekommen sollten - dann würden solche Ideen gar nicht erst auf den Tisch kommen.

Der ländliche Raum müsse anders bewertet werden als der städtische. Das Burgenland nehme seine Verantwortung wahr und zahle jährlich circa 70 Lehrer, um die kleineren Schulen aufrechterhalten zu können. "Das kostet uns jedes Jahr in etwa 2,5 Millionen Euro, die wir sehr gerne investieren, um den ländlichen Raum zu stärken", sagt Niessl. Dafür habe man in der Verwaltung gespart und 20 Prozent der Posten im Landesschulrat abgebaut.

Tiroler Landesrätin: "Das ist Landessache"

Auch die Tiroler Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) sprach sich vehement gegen die Pläne der Bildungsministerin aus. "Pflichtschulen sind Landessache. Tirol wird sich nicht die Zahl der Schüler vorschreiben lassen", sagte die Landesrätin der APA. Man könne Wiener Verhältnisse nicht auf die topografische Situation des Bundeslandes übertragen. Dies gelte auch für die angedachte Mindestanzahl von rund 300 Schülern pro Schule in der Sekundarstufe. Diese würden derzeit nur drei NMS in Tirol erfüllen.

Die niederösterreichische Bildungslandesrätin Barbara Schwarz kritisiert den Vorschlag in einer Aussendung. "Diese wiennahe Bildungspolitik entspringt dem Zentralismus am Reißbrett, ohne Rücksicht auf die regionalen Gegebenheiten in Österreich und vergisst die Wichtigkeit von Kindern und SchülerInnen in kleinen Gemeinden", sagt sie. Die Aussagen der Unterrichtsministerin würden einmal mehr beweisen, dass Schulverwaltung in die Hände der Länder gehöre.

Die Bildungslandesrätin aus Oberösterreich, Doris Hummer (ÖVP) sprach sich erneut dafür aus, dass Wien alle Bildungsinhalte und -standards festlege und die Länder Fragen der Organisation, des Personals und des Schulbaues regeln sollten.

Unterstützung von Industriellenvereinigung

Unterstützung für die Festlegung einer österreichweiten Schul-Mindestgröße kommt unterdessen von der Industriellenvereinigung (IV). "Schule soll ein lebendiger Ort sein, an dem Bildung mit hoher Qualität stattfindet und es genügend pädagogisches Angebot gibt. Dafür bedarf es aus unserer Sicht auch einer kritischen Größe. Diese ist vor allem auch notwendig, um eine echte, moderne Schulautonomie in Österreich umzusetzen", sagt Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung. (koli, derStandard.at/APA, 15.1.2015)