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Kein Geschäft zum Ausruhen: Konsumenten sparen beim Möbelkauf. Verdrängungskampf prägt den Markt.

Reuters

Wien - Kommenden Montag trifft sich die weltweite Einrichtungsbranche bei der Kölner Möbelmesse zu ihrem wichtigsten Stelldichein des Jahres. An brisanten Themen wird es nicht fehlen. Dafür sorgt allein schon XXXLutz. Der im Eigentum der österreichischen Brüder Seifert stehende Handelskonzern hat gerade dem Einkaufsverband Begros die Mitgliedschaft gekündigt und geht eigene Wege.

Einkaufsverbände bündeln Milliarden an Umsatz und diktieren die Konditionen des internationalen Möbelmarkts. Bislang war Begros der größte Deutschlands, zur Hälfte getragen von Lutz. "Wir sehen Chancen in der Gründung eines eigenen Verbands", sagt Lutz-Konzernsprecher Thomas Saliger. Man sei dafür groß genug. Künftig biete sich auch eine lose Zusammenarbeit mit Händlern in Europa an, an denen die Welser Gruppe noch nicht beteiligt sei. Projektname des Verbands: Giga-X.

Hebel über den Einkauf

Am Markt schrillen die Alarmglocken. Über Umwege könnte darin auch Österreichs größter Rivale von Lutz, Leiner/Kika, Eingang finden - über ihre neuen Eigentümer Steinhoff und die deutsche Zentrale, warnen Konzernkenner. Saliger weist dies scharf zurück.

Wie der österreichische Möbelhandel ist freilich auch der deutsche gesättigt. Seit Jahren stagnieren die Umsätze, Verdrängungskampf prägt das Geschäft. Gewinnen können Händler in der Regel nur noch über den Einkauf. Entsprechend hoch ist hier bereits die Konzentration - mit dem Ziel, die Preise bestmöglich zu kontrollieren. Die Kartellwächter schenkten dem Möbelhandel bisher nur wenig Beachtung, was Experten erstaunt. Zumal nicht Handelsmarken an sich in ihr Visier gehörten, sondern die Industrie dahinter.

Protest des Mitbewerbs

Annäherungen hinter den Kulissen orten Hersteller vor allem zwischen Steinhoff und Lutz: Etwa über den deutschen Diskonter Poco, über den Steinhoff mit Lutz-Eigentümer Seifert gesellschaftsrechtlich verflochten ist. Der Versuch, bei der französischen Tochter von Steinhoff, Conforama, einzusteigen, liegt nach Protesten des Mitbewerbs weiter auf Eis. "Unsere Vorgehensweise ist noch nicht im Detail geklärt", sagt Saliger.

Dass es bei den Anbandelungen zwischen den zwei Platzhirschen beim Diskontbereich bleibt, wird in der Industrie bezweifelt. Lieferanten sind sich einig, dass sich die beiden zusehends auch bei der Beschaffung hochwertiger Sortimente zusammentun. "Wir sehen uns das mit Argusaugen an. Sollte es eine Annäherung geben, werden wir intervenieren", sagt Christian Wimmer, Chef der österreichischen Einkaufsverbände Garant und Wohnunion.

Lutz kauft in Deutschland zu

Lutz legt einstweilen weiterhin kräftig zu. Am Mittwoch gab die Gruppe bekannt, zehn deutsche Möbelhäuser mit 1950 Mitarbeitern erworben zu haben. Darunter ist eine Hälftebeteiligung an der Handelskette Zurbrüggen mit gut 300 Millionen Euro Umsatz. Man wachse auch ohne Zukäufe weiter über dem Markt, sagt Saliger. 2015 würden mehr als 1000 neue Jobs geschaffen und Millionen in dreistelliger Höhe in Österreich und Deutschland investiert.

Branchengespräch in Köln wird neben Lutz auch Kika/Leiner sein. Die österreichische Nummer zwei im Möbelhandel fährt seit dem Eigentümerwechsel vor eineinhalb Jahren einen rigiden Sparkurs.

Die Budgetziele wurden 2014, wie DER STANDARD erfuhr, dennoch verfehlt, im zweistelligen Prozentbereich, wie es aus Konzernkreisen heißt. In der Folge würden die Pläne nun nach unten revidiert. Bei Leiner soll es nach der Zusammenlegung des Marktauftritts mit Kika Umsatzeinbußen von bis zu 30 Prozent bei höherwertigen Produkten gegeben haben. Derzeit haben beide Vertriebslinien einen Einstellungsstopp für neue Mitarbeiter ausgerufen, erzählen Manager.

Sparkurs bei Leiner/Kika

Befürchtete Standortschließungen hat das Traditionsunternehmen bisher vermieden. Für die Beschäftigten hat sich die Situation dennoch verschärft. Zum einen gab es schleichenden Jobabbau, der vor allem ältere Arbeitnehmer traf. Zum anderen wurden im Vorjahr mehr Leistungskomponenten bei den Gehältern eingeführt. Vorbild des stärkeren Provisionsmodells war Konkurrent Lutz. Für Neueinsteiger wollen Leiner und Kika All-in-Verträge einführen.

Hermann Wieser, zuvor Manager bei Lutz und nun neuer Chef der Steinhoff-Tochter, war auf Anfrage zu keiner Stellungnahme bereit. Barbara Teiber von der Gewerkschaft GPA-djp, die den Konzern vor einem Jahr scharf kritisierte, sieht nicht alle Probleme beseitigt. Sie spricht mittlerweile aber von einem konstruktiven Gesprächsklima mit dem Konzern.

Hart auf hart geht es mit Lieferanten: Ihre Zahl wurde reduziert, da Steinhoff selbst großer Produzent ist, der im Übrigen auch Lutz beliefert. Kika/Leiner habe jüngst vielen Betrieben mit Auslistung gedroht, berichten Hersteller, sollten sie neue Vertragsbedingungen nicht akzeptieren. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 15.1.2015)