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Puelacher: "Früher wurden andere Prioritäten gesetzt. Man hat dabei sicher Fehler gemacht."

APA/EXPA/JOHANN GRODER

Wengen - Beim Ski-Weltcup in Wengen war am Mittwoch trainingsfrei. Für Andreas Puelacher war dies der richtige Zeitpunkt, um zweieinhalb Wochen vor der WM den aktuellen Zustand seines Teams zu analysieren. Und der ÖSV-Chefcoach fand klare Worte, vor allem was die Lage in den technischen Disziplinen Slalom und Riesentorlauf betrifft. "Ja, wir haben ein Problem. Dazu müssen wir stehen", erklärte Puelacher.

Deutlich rosiger sieht Puelacher die Situationen in den schnellen Disziplinen Abfahrt und Super-G. "Da sind wir gut, und da haben wir auch gute Junge. Da werden wir weiterhin Freude haben", sagte Puelacher. Und dass man mit Marcel Hirscher den aktuellen Ausnahmeskifahrer stellt, "dafür muss ich mich ganz sicher nicht entschuldigen".

Dass immer wieder versucht wird, Hirscher als eigenes Team im ÖSV-Team darzustellen, kann er nicht verstehen. "Klar, Marcel hat seine Freiheiten. Und die wird er auch nach wie vor bekommen. Aber so oft, wie immer behauptet wird, trainiert er nicht alleine. Das waren seit Saisonbeginn keine zehn Tage." Dass hinter Hirscher bei den Technikern eine große Lücke klafft, dafür muss sich der 50-Jährige ebenfalls seit vielen Wochen rechtfertigen.

Chefsache

Puelacher, der erst seit Sommer 2014 im Amt ist, will auf keinen seiner Vorgänger wie etwa Toni Giger oder Mathias Berthold "draufhauen", stellte aber doch klar: "Das ist ja nicht von heute auf morgen entstanden, das hat sich im Laufe der Jahre aufgebaut. Und dieses Nachwuchsproblem müssen wir jetzt in den Griff kriegen. Das sehe ich als meine Hauptaufgabe."

Über die Gründe, warum es vor allem im Slalom so weit kommen konnte, meinte Puelacher: "Früher wurden andere Prioritäten gesetzt. Man hat dabei sicher Fehler gemacht. Damals hatten wir eine Topmannschaft, die Jungen kamen dadurch zu wenigen Einsätzen. Vielleicht war man ein bisschen blind und wollte die dahinter entstehende Kluft nicht sehen. Man muss sich auch die Frage stellen: Ist unser System falsch? Man muss es auf jeden Fall genau durchleuchten."

Puelacher hat seinem Amtsantritt ein umfassendes Maßnahmenpaket geschnürt, um eine Trendwende zu schaffen. "Aber Änderungen brauchen Zeit. Unter zwei Jahren brauchen wir da im Slalom nicht reden", meinte Puelacher.

Riesentorlauf als Basis

U.a. wurde bei den Kriterien zur Kaderaufnahme der Hebel angesetzt. Puelacher ist ein Verfechter der Ansicht, dass der Riesentorlauf die wichtigste Basis für einen Skirennläufer ist. Deshalb ist es nur noch möglich, mit entsprechenden Riesentorlauf-Punkten in den ÖSV-Kader zu kommen.

"Damit wurde eine Art Sperre eingerichtet, ohne diese FIS-Punkte im Riesentorlauf hat man keine Chance", erläuterte Puelacher. Eine Schlüsselrolle im Nachwuchsplan kommt Jürgen Graller zu, dem neuen Koordinator in diesem Bereich. Ihn verglich Puelacher mit einem "Fußballscout".

Zudem hat man mit Willi Zechner und Wolfgang Erharter zwei langjährige Weltcup-Trainer in den Europacup-Bereich versetzt, um dort die Arbeit voranzutreiben. Youngsters wie Marco Schwarz, Michael Matt oder Christian Hirschbühl, der am Sonntag in Wengen starten wird, sollen vermehrt mit den Aushängeschildern wie Mario Matt oder auch Hirscher trainieren können.

Vor allem die Landesverbände nahm Puelacher in die Pflicht. "Da erwarte ich mir mehr Initiative, mehr Innovation. Jedes Bundesland muss sich selbst hinterfragen, vor allem ein früher so starkes Bundesland wie Tirol. Vom Vereinstrainer bis ganz nach oben müssen alle zusammenarbeiten, damit wir das wieder in den Griff kriegen."

Zur WM in die USA wird Puelacher bis zu 15 Herren mitnehmen können. Daher sollte eigentlich Platz für alle Kandidaten sein. Doch Puelacher warnte den einen oder anderen Routinier: "Wer weiß, vielleicht müssen ein paar über die Klinge springen und daheimbleiben." (APA, 14.1.2015)