Mit der "Je suis Charlie"-App können Smartphone- und Tablet-Nutzer ihre Solidarität mit den Machern von "Charlie Hebdo" zum Ausdruck bringen.

Grafik: nice-matin

Gerne sehen sich die Firmen Silicon Valley als Verfechter der freien Meinungsäußerung. So hat denn auch vor kurzem Apple die offizielle "Je suis Charlie"-App für iOS in Rekordgeschwindigkeit genehmigt. Innerhalb einer Stunde war sie abgesegnet, ein Zeitraum, von dem andere Entwickler nur träumen können. Tim Cook soll nach einem Mail der Macher den Vorgang persönlich beschleunigt haben. Und doch sei das vor allem Symbolpolitik und Imagepflege, kritisiert nun der mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Cartoonist Mark Fiore gegenüber Readwriteweb.

Realitätscheck

In der Realität sei es mit der freien Meinungsäußerung im Apple-Universum nämlich nicht weit her. Apple übe eine strikte Kontrolle über den eigenen App Store aus. Die Chancen, dass es eine "echte" "Charlie Hebdo"-App, die auch die Karikaturen des Magazins zeige, durch die Apple-Zensur schaffe, tendiere praktisch gegen null.

Vorgeschichte

Dies sehen übrigens auch die Macher von "Charlie Hebdo" selbst so. Im Jahr 2010 hatte man über die Entwicklung einer iPad-App nachgedacht, dieses Ansinnen nach einem Blick auf die App-Store-Benutzungsbedingungen aber rasch wieder verworfen. Immerhin heißt es darin ausdrücklich, dass alle Inhalte, die als anstößig empfunden werden könnten, untersagt seien – darunter "obszöne, pornografische oder verleumderische".

Regelwerk

Fiore kann diese Einschätzung nur bestätigen. Ihm – dessen Karikaturen in Vergleich zu "Charlie Hebdo" geradezu zahm wirken – wurde nämlich ebenfalls bereits im Jahr 2009 eine eigene App von Apple abgelehnt. Erst nachdem dies zu einer öffentlichen Diskussion führte – immerhin handelt es sich um einen angesehenen Pulitzerpreisträger –, hatte Apple damals die Aufnahme doch noch erlaubt. Dieser Vorfall führte schlussendlich zwar zu einer leichten Anpassung der App-Store-Richtlinien, "Charlie Hebdo" würde aber wohl noch immer nicht durch die Zensur kommen, ist der Cartoonist überzeugt.

Nicht nur Apple

Bei all dem muss herausgestrichen werden, dass Apple natürlich nicht das einzige Unternehmen ist, dem man in dieser Hinsicht scheinheiliges Verhalten vorwerfen kann. Andere Firmen wie Google und Microsoft üben ebenfalls Kontrolle über ihre App Stores aus und entfernen immer wieder Apps – wenn auch nicht immer gar so strikt wie Apple.

Eigen-PR

Fiores kritisiert denn auch das Silicon Valley als Ganzes, bisher habe man in dieser Hinsicht vor allem PR in Eigensache betrieben. So sei es natürlich positiv zu bewerten, wenn Google 300.000 US-Dollar für die Finanzierung der aktuellen "Charlie Hebdo"-Ausgabe bereitstelle. Was das Unternehmen dabei aber zu Erwähnen vergisst: Dieses Geld stammt aus dem Pool jener 70 Millionen Dollar, die Google französischen Verlagen ohnehin schon vor zwei Jahren zugesagt hatte. Damit hatte man damals den Streit rund um Online-Werbung mit den Verlegern beigelegt. (red, derStandard.at, 14.1.2015)