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Wer oder was ist wo im Tunnel? Das Radarsystem von Inras sorgt für genaue Positionsbestimmungen von Mensch und Maschine im industriellen Umfeld.

Foto: Reuters

Linz – Tunnelbohrmaschinen müssen präzise ausgerichtet werden, um sich plangemäß durch den Berg zu graben. Schiffskräne sollen Güter beim Entladen nicht versenken. Im Bergbau sind Erfolg und die Sicherheit der Kumpel davon abhängig, dass man jederzeit weiß, wo Menschen und Maschinen im Einsatz sind. In vielen industriellen Bereichen ist es wichtig, trotz rauer Umgebungen exakte Positionierungen vornehmen zu können – das sind die Einsatzgebiete, für die Andreas Haderer und Philipp Scherz im jungen oberösterreichischen Unternehmen Inras entsprechende Technik entwickeln.

Die Radarmessgeräte von Inras – der Name steht für "Industrial Radar Systems" – funktionieren auch dort noch, wo Lasertechnik längst nicht mehr eingesetzt werden könne, sagt Scherz: in staubigen und schmutzigen Umgebungen, bei starken Vibrationen oder bei schlechter Witterung. In den kleinen elektronischen Geräten befinden sich weder Spiegel, die verstauben, noch bewegliche Teile, die kaputtgehen können.

Radar wurde lange Zeit vor allem mit der Luftfahrt und dem Militär verbunden. Mit den Fortschritten in der Computertechnik wurden die Systeme viel kompakter und für eine Vielzahl neuer Anwendungen erschlossen. Die Fahrzeugtechnik erwies sich als einer der Technologietreiber. Hochspezialisierte Radarsysteme, die die Umgebung eines Autos abtasten, helfen Lenkern, sicher durch den Straßenverkehr zu navigieren. Haderer und Scherz verfolgen für ihre industrielle Anwendung einen ähnlichen Ansatz.

Der Grundstein zu Inras wurde in den Doktorarbeiten der Gründer am Institut für Nachrichtentechnik und Hochfrequenzsysteme der Johannes-Kepler-Universität Linz gelegt. "In den Arbeiten sind so gute Ergebnisse entstanden, dass wir uns entschlossen haben, auf ihrer Basis ein Firmenprojekt zu starten", sagt Scherz. Vor zwei Jahren erfolgte die Unternehmensgründung, erste Anwendungen sind bereits auf dem Markt. Gefördert wurde die Entwicklung durch das PreSeed-Programm der Förderagentur AWS und das Tech2B-Programm des Landes Oberösterreich.

Ein konventionelles Radar, wie es etwa auf Flughäfen verwendet wird, sendet einen elektromagnetischen Impuls aus und leitet von der Laufzeit und Richtung des zurückkommenden Echosignals die Position von Flugzeugen ab. Radarsensoren wie jene von Inras senden dagegen ein kontinuierliches Signal im Mikrowellen-Frequenzbereich in ihre Umgebung, das laufend moduliert wird. Das Echo dieser Signale wird auf mehreren Empfangskanälen wiederaufgenommen. Dadurch kann nicht nur die Entfernung, sondern auch der Winkel zu mehreren Objekten in der Umgebung jederzeit genau angegeben werden. Das ermöglicht auch ein kontinuierliches Tracking von Bewegungen.

Ein derartiges System produziert Datenmengen, mit denen konventionelle Prozessoren nicht mehr zurechtkämen, sagt Scherz. Pro Sekunde kommen mehrere Gigabyte an Daten, die die Frequenzveränderungen in den Echosignalen abbilden, zusammen. Sie müssen in Echtzeit gefiltert, komprimiert und aufbereitet werden. Die Stärke von Inras seien unter anderem die Algorithmen, die "mathematischen Kniffe", die die Verarbeitung der großen Datenmengen möglich machen, sagt Haderer.

Im Grunde besteht das Radarsystem aus drei Bereichen: Da ist die Hochfrequenzelektronik, die das Signal generiert und über Antennen- und Empfangskanäle wiederaufnimmt. Die Signale werden von einer Elektronik übernommen, die die Daten vorverarbeitet und damit einen großen Teil der Rechenleistung erbringt. Möglich wird das durch eine Hardware, in die die entsprechenden Algorithmen bereits implementiert sind.

Die vorverarbeiteten Daten werden an einen Prozessor übergeben, dessen Software jene Ergebnisse extrahiert, die für die konkrete Anwendung ausschlaggebend sind. Die Software ist so flexibel, dass sie auf verschiedenste Anforderungen eingehen kann: "Bei einer Anwendung kann es wichtig sein, eine Geschwindigkeit genau zu messen, bei einer anderen geht es vielleicht um eine millimetergenaue Position", sagt Scherz. Er betont, dass die Messplattform so offen gestaltet ist, dass sie für viele Aufgabenstellungen in Industrie oder Logistik – von der Positionierung von Baumaschinen oder Lagerrobotern bis zur Lokalisierung von Bergarbeitern – leicht adaptierbar sei. Verbaut ist das System in ein für raue Umgebungen taugliches Gerät.

Autonome Riesenkräne

In einem nächsten Schritt wollen Haderer und Scherz ihr Angebot an Messtechniken noch erweitern. Sie arbeiten an einem System, das zwei Radareinheiten kombiniert, um exakte Positionierungen über mehrere tausend Meter hinweg zu ermöglichen.

Das Messprinzip, für das die Inras-Techniker eine eigene Signalverarbeitung entwickeln, könnte etwa großen Laufkränen in Häfen erlauben, sich auf den Zentimeter genau zu positionieren. Auch hier könnte dazu beigetragen werden, dass Maschinen selbstständiger werden und gefährliche Aufgaben mit mehr Autonomie erledigen. (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 14.1.2015)