Bild nicht mehr verfügbar.

Automatische Zugbestellungen bei der ÖBB werden vom Verwaltungsgericht Wien geprüft.

APA, Hans Punz

Wien - Die langjährige politische Praxis, Nah- und Regionalverkehrsleistungen ohne Ausschreibung von der staatlichen Bundesbahn erbringen zu lassen, könnte wanken. Das Verwaltungsgericht Wien (VGW) hat die vom Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) geplante Auftragsvergabe an die ÖBB-Personenverkehr AG knapp vor Weihnachten per einstweiliger Verfügung gestoppt. Und am 19. Dezember ein "Nichtigerklärungsverfahren" eingeleitet.

Das geht aus einer Mitteilung des VWG auf der Webseite der Stadt Wien hervor. Dieses von Konkurrent Westbahn angestrengte Verfahren bedeutet zwar nicht, dass die geplante Direktvergabe durch den VOR an die ÖBB gekippt ist. Aber es ist eine Premiere, dass eine Direktvergabe für Zugsverkehre durch die öffentliche Hand (der VOR gehört den Ländern Wien, Niederösterreich und Burgenland) überhaupt von einem Gericht hinterfragt wird. Seit Bestehen des Gesetzes für Öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr (ÖPNRVG 1999) galt es als ehernes Gesetz, dass gemeinwirtschaftliche Leistungen im öffentlichen Schienenverkehr von der ÖBB erbracht werden.

Integrierter Taktfahrplan

Welche Zugverbindungen der VOR konkret bei der ÖBB bestellen will, geht aus der im EU-Amtsblatt publizierten "Vorinformation" vom 12. Dezember 2014 über die beabsichtigte Zuschlagserteilung per 13. Dezember 2015 nicht hervor. Nur so viel: "Auftragsgegenstand sind - durch das integrierte Fahrplantaktmodell der ÖBB-Personenverkehr AG bedingte - Mehrleistungen in Wien, Niederösterreich und Burgenland."

Der finanzielle Umfang der geplanten Bestellung wird im Amtsblatt ebenso wenig spezifiziert wie das Volumen an Zugkilometern oder Pendlerzügen, das die ÖBB ab dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember 2015 erbringen soll. Auch VOR-Sprecher Georg Huemer will nicht vorgreifen, er stellt nur "Verbesserungen für die Fahrgäste" in Aussicht. Sehr wohl spezifiziert ist in der Veröffentlichung, warum die zu vergebenden Zugsverkehre direkt der ÖBB zugeschlagen werden - und keine öffentliche Ausschreibung durchgeführt wird: "Da die zu vergebenden Verkehrsleistungen eine kommerzielle und produktionstechnische Einheit mit dem Grundangebot des Bundes, mit dessen Erfüllung die ÖBB beauftragt ist (seit 2009, Anm.), wird die Beauftragung der ÖBB-Personenverkehr AG mit den gegenständlichen systembedingten Mehrleistungen im Wege der Direktvergabe nach Bekanntmachung bzw. Konkretisierung der Bestellung des Grundangebotes durch den Bund für das Fahrplanjahr 2016 erfolgen."

Kürzere Intervalle

Darüber hinaus will der VOR auch Zugverbindungen vergeben, "die durch Adaptierungen im Fernverkehrsangebot in Ostösterreich im Zuge der Vollinbetriebnahme des Hauptbahnhofes Wien ab Dezember 2015 neu zu strukturieren sind", sowie "Mehrleistungen" durch Wiederaufnahme von baustellenbedingt vorübergehend eingeschränkten Schienenverkehren. Erwarten dürfen die Fahrgäste ab Jahreswechsel auch "punktuelle Intervallverdichtungen und Verlängerungen von Zugläufen" auf der Wiener S-Bahn-Stammstrecke samt Außenästen.

Im Eilverfahren

Ob all dies so kommt, wie vom VOR und seinem größten Verkehrsträger ÖBB gedealt, entscheidet das VWG, das im beschleunigten Verfahren prüfen will, ob die Direktvergabe zu Recht erfolgt ist oder doch eine Ausschreibung durchzuführen ist. Die öffentliche Verhandlung werde in circa drei Wochen stattfinden, sagte die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Wien, Beatrix Hornschall, gegenüber dem Standard.

Beim VOR sieht man das Verfahren gelassen, man halte die EU-Richtlinien zur Auftragsvergabe ein. "Die Direktvergabe ist legitim", betont VOR-Sprecher Huemer. "Sie ist verkehrstechnisch und wirtschaftlich die beste Lösung für unsere Kunden." Anders sei ein ordentlicher Fahrplan zu vertretbaren Kosten derzeit nicht umsetzbar.

Ab Dezember 2015 werden im Großraum Wien nicht nur die alten blau-weißen S-Bahn-Garnituren durch neue Züge ersetzt, der Verkehrsverbund Ost-Reigion stellt auch Intervallverdichtungen in Aussicht. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 10.1.2015)