Wien - Gesprochen wird in dem Schöffenprozess gegen vier Angeklagte um millionenschwere Betrügereien vergleichsweise wenig. Alle Verteidiger ersparen sich in dem Verfahren unter Vorsitz von Roman Palmstingl ihr Eröffnungsplädoyer. Und Hauptangeklagter Guglielmo D. will bis auf sein Schuldeingeständnis eigentlich auch wenig sagen: "Ich habe vor den Auftraggebern sehr viel Angst, ich fürchte um mein Leben", begründet er die Schweigsamkeit.

Rund 2,4 Millionen Euro soll das Quartett erbeutet haben, behauptet der Staatsanwalt. Einerseits sollen sie 2.000 gefälschte Office-Programme verkauft haben, andererseits 4.000 originalverpackte iPads an zwei Firmen geliefert haben. Genauer, Kartons, in denen die Käufer logischerweise das Apple-Produkt erwartet haben und nicht, wie geschehen, nur Kartonschnipsel.

Angeklagter sieht sich als Opfer

"Wir sind aber auch gleichzeitig Opfer von Francesco und seinem System", beteuert der 48-jährige Erstangeklagte. Der und seine Hintermänner sind es, vor denen sich D. fürchtet, sollen sie doch Teil der organisierten Kriminalität in Italien sein. Francesco sitzt zwar mittlerweile dort in Haft, ausgeliefert ist er bisher aber noch nicht worden.

Die Mafia-Connection ist gar nicht unplausibel. Denn das illegale Geschäft mit gefälschten Produkten boomt laut Europol. Hohe Gewinnspannen kombiniert mit geringerem Risiko als beispielsweise bei Drogendeals locken die Paten.

Den Großteil der Beute aus seinen Betrügereien habe er an die Hintermänner weiterleiten müssen, sagt D., der selbst nur 2.500 Euro im Monat bekam, wie er behauptet.

Wöchentlicher Rumänien-Ausflug

"Aber Sie haben ja auf großem Fuß gelebt", wundert sich Vorsitzender Palmstingl. "Nein, es war ein normales Leben", lautet die Antwort. Eine Definitionsfrage: "Wie oft sind Sie denn nach Rumänien geflogen?", fragt der Vorsitzende. "Jedes Wochenende."

Dazu kamen zwei Reisen nach Kuba, die aber private Gründe hatten: D. wollte Medikamente für den schwerkranken Schwiegervater besorgen. Dem er auch Behandlungskosten von mehr als 30.000 Euro ersetzte. "Aber ich habe gefragt, ob ich das ausgeben darf", lautet die Erklärung.

Überhaupt war einiges Geld im Spiel: Der Drittangeklagte bekam für einige ausgestellte Bestätigungen angeblich 110.000 Euro, der 23-jährige Zweitangeklagte brauste im Maserati durch die Gegend, wie D. sagt. Er selbst fuhr einen Audi A6, seiner Freundin wollte er einen Mercedes schenken.

Sonderlich schwer ist der Bande der Betrug mit den iPads übrigens nicht gefallen. Sie boten zwei Firmen, mit denen sie noch nie zu tun gehabt hatten, die Geräte zu einem Preis an, der leicht unter dem üblichen lag.

Zugeschweißte iPad-Kartons

Die Opfer mussten zunächst das Geld überweisen, dann konnten sie die Ware aus einem Lager abholen. Überprüft haben die Unternehmer den Kauf nicht – offenbar reichte es ihnen, dass die Kartons wie Originale aussahen und eingeschweißt waren. Erst die Endkunden entdeckten den Betrug.

Am Montag wird fortgesetzt. (Michael Möseneder, derStandard.at, 9.1.2014)