Wien - Herbert Rohrmair-Lewis redet nicht lang um den heißen Brei herum. Grottenschlecht sei heuer die Stimmung unter österreichischen Gründern, sagt der Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft - und spricht von einem "stinkenden Gebräu" an verschleppten Reformen, politischem Versagen in Sachen Hypo, enormen Schulden und wachsender Arbeitslosigkeit. "Wir stehen an einer Weggabelung - so kann es nicht weitergehen."

Untermauert wird der Pessimismus des Interessenvertreters der Jungunternehmer von einer aktuellen Umfrage des Linzer Market-Instituts unter tausend Gründern. Demnach geht fast die Hälfte der Befragten davon aus, dass sich die Wirtschaftslage heuer weiter verschlechtert. Es ist der niedrigste Wert seit 2011. Nur zwölf Prozent rechnen mit einer Erholung.

Die Lust am Investieren steckt in einem Dauertief. Lediglich ein Fünftel will künftig mehr Geld in ihren Betrieb stecken. 37 Prozent drosseln die Ausgaben - was nicht zuletzt auch am fehlenden Zugang zu Fremdkapital liegt.

Knappes Kapital

Von Österreichs Banken gibt es nach Erfahrungen von Rohrmair-Lewis, der sich mit einer Werbeagentur 2006 selbstständig machte, seit langem schon keine Hilfe mehr. "Der Geldhahn für die klassischen Start-ups ist zugedreht."

Der 38-Jährige erzählt von Fällen, in denen Banken Studenten zwar bereitwillig Kredite für Autos, Wohnungen oder Flatscreens gewährten - brauche es jedoch Kapital in gleicher Höhe für den Aufbau eines Unternehmens, versiege der Geldstrom sofort. Und wer ein bereits funktionierendes liquides Unternehmen betreibe, müsse Sicherheiten in voller Höhe des Kreditrahmens erbringen.

Stillstand bei Crowdfunding

Für März 2014 hatte Österreichs Regierung bessere Rahmenbedingungen für Crowdfunding in Aussicht gestellt. Über viele kleine Beträge sollen sich damit gute Ideen finanzieren lassen, ohne das Risiko einzelner Investoren zu stark zu strapazieren. Passiert ist an der gesetzlichen Front für alternative Finanzierungsformen bisher aber nichts, klagt Rohrmair-Lewis.

Er hält die Schwarmfinanzierung nicht für die ultimative Lösung. "Sie ist jedoch ein Stilmittel, vor dem sich niemand zu Tode fürchten muss." Geld gebe es in Österreich genug, auch die Gründerszene organisiere sich zunehmend besser. Im ersten Halbjahr müsse daher seitens der Politik etwas in Sachen Crowdfunding passieren. "Das muss einfach sein."

Ebenso hofft die Junge Wirtschaft nach wie vor, dass Gründer für den ersten Mitarbeiter im ersten Jahr keine Lohnnebenkosten mehr zahlen müssen. Kosten würde das dem Staat unter dem Strich ihrer Berechnung nach nichts, da die Arbeitslosigkeit damit sinke.

Kaum neue Jobs

2,4 Arbeitsplätze schafft jedes neu gegründete Unternehmen im Schnitt im ersten Jahr, erhob die Donauuniversität Krems 2013 für die Wirtschaftskammer. Derzeit regiert freilich die Vorsicht. Mehr als 70 Prozent der befragten Start-ups sehen sich derzeit außerstande, neue Mitarbeiter einzustellen, geht aus der Market-Umfrage hervor. Und die Hälfte habe dies auch in absehbarer Zeit nicht vor.

37 Prozent der Befragten befürchten, dass sich ihre Kostensituation verschärft. In den vergangenen drei Jahren gab es nur einmal ein noch schlechteres Ergebnis. Dass Österreichs Wirtschaft heuer in Summe wächst, bezweifelt Rohrmair-Lewis. Eine Insolvenzwelle unter den Gründern befürchtet er aber nicht. Seit Basel III würden Betriebe schließlich bis in die Eingeweide gescreent.

"Was Gscheites machen"

Noch immer bekommen viele, die den Sprung in die Selbstständigkeit wagen, zu hören, sie sollten doch lieber was Gscheites machen, sagt Rohrmaur-Lewis. "Aber wir müssen uns davon verabschieden, dass der Staat alles regelt." Natürlich gebe es da und dort Konkurse. In Summe jedoch brauche es hierzulande mehr Mut. Auch ein Dietrich Mateschitz habe einmal klein begonnen. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 9.1.2015)