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Gesucht: Strategien gegen die Arbeitslosigkeit. Hans Holzinger mit Fragen, die man Wählerinnen und Wählern stellen sollte.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Im Dezember 2014 hat die Arbeitslosenquote in Österreich mit 10,2 Prozent einen Höchststand erreicht. Doch zugleich gab es mit knapp 3,5 Millionen noch nie so viele Beschäftigte. Arbeitslosigkeit ist ernst zu nehmen. Die Wahl der Strategien soll jedoch differenziert erfolgen.

Neben Beschäftigungsimpulsen in gesellschaftlich sinnvollen Bereichen wie Ökologie oder Soziales geht es auch um eine Neuverteilung der vorhandenen Arbeit durch Überstundenabbau, flexible Modelle der Arbeitszeitverkürzung und faire Verteilung der Produktivitätsfortschritte. Die Wirtschaft ohne Zielvorgaben anzukurbeln, macht keinen Sinn. Zudem ist die Politik in einem Dilemma. Sie soll keine weiteren Schulden machen, keine neuen Steuern einführen und – wenn die Wirtschaft lahmt – diese mit Investitionen beleben. Die sprichwörtliche Quadratur des Kreises.

Fragen an Wähler und Wählerinnen

Hauptaufgabe von Politik ist nicht, bei allen auftretenden Problemen Feuerwehr zu spielen, etwa durch Konjunkturspritzen, sondern passfähige Rahmenbedingungen für positive Entwicklungen zu setzen. Das erfordert einen makroökonomischen Blick. Da in einer endlichen Welt unbegrenztes Wachstum nicht möglich ist, bedeutet Politik auch, Prioritäten zu setzen. Sinnvolle Fragen an die Wähler und Wählerinnen wären demnach:

  • Wollt ihr weiterhin Billigfernreisen und Ramsch aus aller Welt oder sollen wir eine aus Umweltsteuern finanzierte Wohn-, Energie- und Ernährungswende anpacken, die die regionale Wirtschaft stärkt und sinnvolle Arbeit schafft?
  • Sollen die Reichen immer reicher werden oder wollen wir lieber in einer Leistungsgesellschaft leben, in der nicht alle gleich viel, aber alle genug zum Leben bekommen, und in der alle nach ihren Möglichkeiten zur Finanzierung der öffentlichen Aufgaben beitragen, um damit Schulen oder Krankenhäuser auch in Zukunft gut finanzieren zu können? Auch das würde sinnvolle Arbeitsplätze schaffen und die Bessergestellten könnten bei entsprechender Argumentation durchaus für diese "Fair-Teilung" gewonnen werden.
  • Zu fragen wäre auch, ob wir wirklich eine generelle Steuerentlastung brauchen, was die öffentliche Verschuldung weiter erhöhen würde, oder ob es nicht vielmehr um zielgenaue Maßnahmen der Einkommenssteigerung für jene ginge, die es tatsächlich nötig haben - etwa durch garantierte Mindestlöhne oder Negativsteuern?
  • Schließlich wäre zu fragen, wie sich durch flachere Einkommenshierarchien Arbeitszeitverkürzungen sowie neue Arbeitszeitmodelle aufkommensneutral finanzieren ließen.

Fragen so gestellt, ermöglichten neue Antworten jenseits des Wachstumszwangs und der Konkurrenz aller gegen alle, für die die Menschen durchaus zu haben sind.

High-Tech finanziert High-Touch

In Dienstleistungsgesellschaften wird Arbeit im Industriesektor weiter abnehmen, jene im Bereich öffentlicher Güter jedoch zunehmen. Sollte unsere Lebensqualität mit Bildung, Kinderbetreuung, freiem Zugang zu Krankenversorgung und anderes mehr erhalten bleiben, dann brauchen wir in Zukunft tendenziell mehr, nicht weniger öffentliche Mittel, ergänzt um High-Tech-Wertschöpfung im verbleibenden produzierenden Sektor. Der klassische Freizeitbereich könnte gegenüber qualitätsvollen, öffentlichen Leistungen an Wichtigkeit verlieren. High-Tech finanziert High-Touch, qualitätsvolles und leistbares Wohnen, Bildung und Kultur für alle schlagen Billig-Entertainment, Event-Orientierung und Shopping-Fixierung. (Hans Holzinger, derStandard.at, 8.1.2015)