Der Wahlkampf in Griechenland, kaum angefangen, geht schon in den Endspurt. Er tut dies mit einer politischen Niederlage für Antonis Samaras und die von ihm geführte schwindsüchtige Sparkurskoalition: Die neu in Gang getretene Debatte über einen Ausschluss aus der Eurozone hat niemanden mehr in Griechenland beeindruckt, von ein paar Börsengängern abgesehen. Nach vier Jahren Steuererhöhungen und Massenkündigungen sind die Griechen viel zu abgebrüht, als dass sie sich von deutschen Unionspolitikern vorschreiben ließen, wen sie zu wählen hätten.

Doch mit dem Wahltag ist es nicht getan. Der 25. Jänner wird sehr wahrscheinlich nur eine weitere Etappe im Drama dieses Landes sein. Denkbar ist mittlerweile, dass keine der großen Parteien eine Regierungskoalition zustande bringt; dann muss wie im Mai 2012 gleich wieder gewählt werden. Denkbar ist auch, dass Antonis Samaras auf ein Scheitern seines Gegners setzt, des Chefs der radikalen Linken, Alexis Tsipras. Auch dann werden die Griechen in ein paar Monaten eben wieder wählen und - so könnte Samaras hoffen - die Rechten zurück an die Regierung bringen.

Politisch gesund ist das alles nicht. Die griechische Gesellschaft wird es nicht mit ihrem Staat versöhnen. Das Schuldenproblem wird es nicht lösen, die Verarmung der Bevölkerung nicht stoppen. Der Umbau der Verwaltung, die Konjunkturhilfen müssen warten.

Griechenlands Krise ist Europas Krise, sagt Tsipras. Und Griechenland ist als Mitglied der Eurozone "Zielen verpflichtet, aber nicht den politischen Mitteln, durch die diese Ziele erreicht werden". Das klingt vage und entschuldigend, aber verweist auf die möglicherweise historische Fehlleistung Europas und besonders der deutschen Regierung: Statt im Mai 2010, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, den griechischen Schuldenberg zu zerlegen, hat Europa die Griechen in ein selbstmörderisches Laufrad gesetzt.

Zwei Drittel der Rekordfinanzhilfe von 240 Milliarden Euro werden am Ende für die Bedienung von Zinsen und die Rückzahlung von Anleihen verwendet worden sein. Nicht etwa für den Aufbau einer griechischen Wirtschaft, die dann selbst in der Lage wäre, eine Staatsschuld zu bedienen, wie andere Staaten es eben auch tun. Dies war eine bewusste Entscheidung der Kreditgeber der Troika. Es ist das Recht der politischen Linken, den Bruch mit dieser Sparlogik zu fordern. Ob sie damit auch nur halbwegs Erfolg bei den Gläubigern hat, ist eine andere Sache.

Griechenlands Konservative und die mit ihnen verbundenen übrig gebliebenen Sozialisten der Pasok haben nichts anderes anzubieten als die Fortsetzung der Politik von "Kredithilfen gegen Einsparungen". Freilich: Griechenland verzeichnet erstmals seit Jahren wieder ein kleines Wachstum. Der Haushalt schließt mittlerweile mit einem Primärüberschuss ab - ebenfalls ein Novum für das Land. Doch die Staatsschuld von rund 175 Prozent der Wirtschaftsleistung wird nicht verschwinden. Auch 155 Prozent, theoretisch erreichbar in ein paar Jahren, machen den griechischen Mittelstand nicht mehr flott und füllen keine Kühlschränke.

Wenn die Wahlen am 25. Jänner endlich das Trugbild vom sanierfähigen Griechenland platzen ließen, wäre schon etwas gewonnen. Dann bequemten sich die Kreditgeber vielleicht zu einer neuen Politik. (Markus Bernath, DER STANDARD, 7.1.2015)