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Deutsche Politiker verdeutlichen Griechenland mit ihren Statements, in welcher schwachen Verhandlungsposition das Land ist.

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Der deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht die Verhandlungsposition Griechenlands stark geschwächt. Deutschland sei nicht mehr erpressbar, sagte er in einem Interview.

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Berlin – Nachdem die deutsche Bundesregierung den vor Neuwahlen stehenden Griechen am Wochenende über den "Spiegel" ausrichten ließ, dass ein Euroaustritt des Landes mittlerweile verkraftbar sei, bekräftigte das am Montag auch der deutsche Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Deutschland sei nicht mehr erpressbar, sollte Griechenland nach der anstehenden Parlamentswahl vom Reformkurs abweichen. Die Eurozone sei wesentlich stabiler und widerstandsfähiger als noch vor einigen Jahren, sagte der SPD-Chef der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".

Am Wochenende hatte der "Spiegel" berichtet, ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone habe mittlerweile für Kanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble den Schrecken verloren – und könne notfalls verkraftet werden. Sollte eine neue griechische Regierung unter dem Linkspolitiker Alexis Tsipras nach den Wahlen am 25. Jänner eine radikale Kurswende einleiten und den Schuldendienst des Landes einstellen, sei ein solches Szenario sogar nahezu unausweichlich. Die EU-Kommission meldete sich am Montag zu Wort, eine Euromitgliedschaft sei nicht widerrufbar. Das würde der EU-Vertrag festlegen.

Der deutsche Wirtschaftsminister Gabriel betonte aber, dass es das Ziel der gesamten Bundesregierung, der EU und auch der Regierung in Athen sei, Griechenland in der Eurozone zu halten. "Es gab und gibt keine gegenteiligen Pläne." Das sagte auch ein Sprecher der deutschen Regierung: "Es gibt keine Kursänderung", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Sonntagnachmittag. "Griechenland ist in der Vergangenheit seinen Verpflichtungen nachgekommen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass Griechenland auch weiterhin seinen Verpflichtungen nachkommen wird."

Hollande: Griechen entscheiden

Der französische Präsident François Hollande betonte in einem Radiointerview am Montag, dass es Sache der Griechen sei, ob man im Euro bleiben wolle oder nicht. Griechenland habe ebenso wie etwa Spanien einen hohen Preis bezahlt, um in der Währungsgemeinschaft zu bleiben.

Der CDU-Politiker und Europaparlamentarier Elmar Brok hat Griechenland indessen mit dem Zudrehen des Brüsseler Geldhahns gedroht, sollte Athen nach der Neuwahl den Spar- und Reformkurs verlassen: "Dann wird es ohne die Erfüllung der Bedingungen keine weitere Unterstützung geben. Das muss völlig klar sein", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament am Montag im ZDF-"Morgenmagazin".

Sollte Griechenland aus dem Euro ausscheiden müssen, sei die Eurozone wegen der Bankenunion und anderer Reformen der vergangenen drei Jahre in der Lage, dies "besser zu kontrollieren", sagte Brok weiter. Der Euro sei "nicht mehr gefährdet". Der Ausstieg Athens aus der Gemeinschaftswährung wäre dennoch ein "fatales Zeichen" und würde zu einer "dramatischen Verarmung der (griechischen) Bevölkerung führen".

CSU-Politiker warnen

Der CSU-Politiker Markus Ferber sagte, wenn Griechenland "wieder zum alten Schlendrian zurückkehren" wolle, werde es keine Hilfen der EU mehr geben. Der Solidarität sei die Geschäftsgrundlage entzogen, sollte sich das Land dem Reformkurs verweigern, sagte der Chef des Währungsausschusses im EU-Parlament der Zeitung "Die Welt". Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) erklärte der "Süddeutschen Zeitung", es werde keinen Schuldenerlass für Griechenland geben, nur weil eine neue Regierung komme.

Das südeuropäische Land wird seit 2010 mit Rettungsprogrammen in Höhe von 240 Milliarden Euro von den EU-Staaten und dem Internationalen Währungsfonds über Wasser gehalten. Damit sollen auch ein Austritt aus dem Euro und damit einhergehend Turbulenzen an den Finanzmärkten verhindert werden. In jüngsten Umfragen vor der Wahl in Griechenland führt Tsipras' reformkritische Partei Syriza. Sie verspricht den Griechen, den umstrittenen Sparkurs zu lockern und bei den Geldgebern Zugeständnisse durchzusetzen.

Tsipras reagiert gelassen

Syriza-Chef Tsipras hat die Debatte über einen Euroaustritt seines Landes am Sonntagabend als Schreckgespenst bezeichnet. Der konservative Regierungschef Antonis Samaras und seine Hinterleute benutzten dieses Schreckgespenst, um die Wähler zu terrorisieren, sagte Tsipras. Dies werde ihnen nicht gelingen.

Seine künftige Regierung werde hart mit den Geldgebern für eine Lockerung der Sparmaßnahmen und einen Schuldenschnitt verhandeln, sagte der Oppositionsführer. Die Griechen könnten keine Sozialkürzungen mehr ertragen. Einseitige Maßnahmen werde es von seiner Seite nicht geben. "Es sei denn, wir werden dazu gezwungen", fügte Tsipras doppeldeutig hinzu.

Die am Wochenende in Deutschland aufgeflammte Debatte über den Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone haben indes die griechische Presse größtenteils kaltgelassen. "Neue wilde Grexit-Spielereien" sah die angesehene Athener Zeitung der politischen Mitte "Ta Nea". Die Berichte darüber erschienen aber erst auf Seite 17. Auch in den anderen Zeitungen fand die deutsche Diskussion kaum Widerhall. Grund: Die Debatte über den Austritt oder den Verbleib Griechenlands in der Eurozone findet in Griechenland bereits seit Wochen statt. (Reuters, APA, red, derStandard.at, 5.1.2015)