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Foto: dpa/Wolfgang Thieme

In Österreich nennt man die Schispringer seit eh und je "Adler", allerdings nur unter der Bedingung, dass sie der Nation ordentliche Siege bescheren (wenn es an der Schanze nicht so funzt, wie man es gerne hätte, kramen Sportreporter gern das Schmähwort "Hupfdohle" aus). Wie bei jeder anderen Metapher gibt es auch bei Sportlern und Raubvögeln ein tertium comparationis, eine gemeinsame Vergleichsgröße, in diesem Fall den Umstand, dass sich sowohl die einen als auch die anderen zeitweilig in der Luft bewegen.

Die dem Adler zugeschriebenen edlen Eigenschaften (Stolz, Weitblick, Mut) haben ihn zum beliebten Wappentier prädestiniert, und sie widerspiegeln sich auch in sprichwörtlichen Redewendungen. Lutz Röhrich erwähnt in seinem einschlägigen Standardwerk die geflügelten Worte "Adler fangen keine Mücken" (sie geben sich nicht mit Kleinigkeiten ab) und "Adler zeugen Adler" (sprich: sie bringen Großes hervor). Wenn jemand einen erhebenden Zugewinn an Größe erlebt, dann wachsen ihm "Adlerflügel".

Das Edle, Bewundernswürdige steckt im Wort selbst: Dem ursprünglicheren Begriff "Aar" ("Adler, großer Raubvogel") wurde zur Verdeutlichung das Eigenschaftswort "edel" hinzugefügt (mittelhochdeutsch "adel-are"), und die daraus entstandene Zusammensetzung "Adler" verdrängte schließlich den Aar, der zwar überlebt hat, aber lediglich im Reservat der dichterischen Sprache (Kluge, Etymologisches Wörterbuch). In der Zeitung hat man jedenfalls von einem "ÖSV-Aar" noch nicht gelesen. (win, DER STANDARD, 3./4.1.2015)