Europas Konjunktur will und will nicht in die Gänge kommen. Dafür klettert die Arbeitslosenrate von einem Rekordhoch zum nächsten. Dass beides miteinander zusammenhängt, wird langsam auch den größten Ignoranten klar. Und jetzt auch noch der Euro, der (scheinbar) letzte Stolz der Europäer, der fast täglich mehr an Wert verliert. Gerade Letzteres könnte sich aber als Segen erweisen.

Je weicher der Euro, desto billiger werden Produkte made in Europe auf den Märkten in Übersee. Je mehr Produkte Amerikaner und Asiaten aus Europa zukaufen, desto dichter der Verkehr auf den Produktionsstraßen von Spanien bis Finnland, von Irland bis Griechenland. Und mittendrin liegt Österreich, das ebenfalls dringend einen Konjunkturschub bräuchte.

Im Grunde spricht also nichts gegen einen weicheren Eurokurs, außer der Stolz. Der Stolz, über eine harte Währung zu verfügen, für die es beim Wechseln vergleichsweise viele Dollar, Yen oder Renminbi, die Währung der Volksrepublik China, gibt. Stolz ist aber angesichts steigender Arbeitslosigkeit nichts, an dem man festhalten sollte. Europa muss endlich aus der Lethargie herausfinden, in der es in den vergangenen fünf Jahren versunken ist. Dabei ist es zweitrangig, ob hinter dem seit Mai anhaltenden Kursverfall der europäischen Einheitswährung ein Masterplan steht oder nicht. Wichtig ist, dass der seit mehr als einem halben Jahr anhaltende Kursverfall noch eine Weile anhält.

Damit der (niedrigere) Wechselkurs des Euro als Konjunkturpeitsche wirken kann, darf der Kursverfall nicht ein kurzfristiges Phänomen bleiben. Handelsströme ändern nicht von einem Tag auf den anderen und selbst von einem Monat auf den nächsten nicht ihre Richtung. Nur wenn absehbar ist, dass ein Wechselkurs auf absehbare Zeit auf einem gegebenen Niveau verharrt oder im Sinne des Käufers noch günstiger zu werden verspricht, werden entsprechende (Kauf-)Entscheidungen getroffen.

Mit zunehmendem Export nach Übersee könnte auch die Binnenkonjunktur in Europa angekurbelt werden, die derzeit mehr als lahm ist. Weil auch der Ölpreis tief ist wie schon lange nicht, wird auch die Energierechnung Europas, die in Dollars zu begleichen ist, nicht gefährlich lang werden. Ein doppelter Grund also, einen schwächeren Euro zu begrüßen. (Günther Strobl, 2.1.2015)