Der Mann lag fünf Stunden lang in einem Lift in der U-Bahn-Station Volkstheater.

Foto: Wiener Linien/Johannes Zinner

Wien – Zwölf Monitore gibt es in der Stationsaufsicht der U-Bahn-Station Volkstheater, auf denen die Bilder der Kameras auf den Bahnsteigen und in den Aufzügen übertragen werden. Stanislaw B. nutzten die Überwachungsmaßnahmen am 26. Dezember nichts: Der 58-Jährige lag unbeachtet fünf Stunden lang zusammengebrochen in einem Aufzug, eher er an Herzversagen starb.

Bei den Wiener Linien bestätigt man einen entsprechenden Bericht von "Heute". Der Vorfall hat bereits Konsequenzen für die beiden Mitarbeiter, die in dieser Nacht vor den Bildschirmen gesessen sind: Sie wurden entlassen. Denn nicht nur, dass sie die lebensbedrohliche Situation des unterstandslosen Polen nicht wahrgenommen haben, sie haben auch einen vorgeschriebenen Kontrollgang unterlassen.

Unterlassener Kontrollgang

"Während des Betriebs der Nacht-U-Bahn sind immer zwei Mitarbeiter in der Stationsaufsicht im Einsatz", sagt Anna Maria Reich, Sprecherin der Wiener Linien. Eigentlich müssten sie während ihres Dienstes auch vorgeschriebene Runden durch die Station gehen. Am 26. Dezember passierte das nicht – es sei von den beiden Männern "eigenmächtig unterlassen worden", lautet die offizielle Stellungnahme.

Der 58-Jährige war gegen 2.00 Uhr am Stefanitag in den Lift eingestiegen und dort – vermutlich mit Herzversagen – zusammengebrochen. Fünf Stunden lang lag er in der Kabine. Kurz vor 7.00 Uhr fand ein Reiniger der Verkehrsbetriebe den Mann, er rief die Einsatzkräfte. Das Opfer verstarb jedoch noch auf dem Weg ins Krankenhaus.

Videos bei Polizei

Wie die mittlerweile der Polizei übergebenen Videoaufnahmen belegen, hätte der Mann aber auch von anderen gerettet werden können. Polizeisprecher Roman Hahslinger bestätigt, dass in dem fraglichen Zeitraum mehrere Menschen den Lift benutzt haben. Derzeit prüft die Exekutive daher, ob unterlassene Hilfeleistung vorliegt.

Bewahrheitet sich der Verdacht, will man versuchen, die Passanten ausfindig zu machen. Bei den Mitarbeitern der Stationsaufsicht dürfte eine strafrechtliche Verfolgung schwieriger werden: Ihnen müsste man nachweisen können, dass sie den Sterbenden wahrgenommen haben, aber nicht eingeschritten sind.

Ob die Angestellten tatsächlich fünf Stunden lang nie die Bilder aus der Liftkamera gesehen haben, kann Wiener-Linien-Sprecherin Reich nicht sagen. Sie appelliert aber an die Öffentlichkeit, lieber einmal zu oft den Notruf in den Liften und Stationen zu betätigen. In diesem Fall hätte man sogar selbst aktiv werden können: In der Station gibt es einen öffentlich zugänglichen Defibrillator. (Michael Möseneder, derStandard.at, 02.01.2014)