Bild nicht mehr verfügbar.

Ein "Grexit", also ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone, wäre leichter zu stemmen, meinen einige Experten.

Foto: AP Photo/Petros Giannakouris

Athen - Knapp vier Wochen vor den vorgezogenen Parlamentswahlen wachsen die Sorgen vieler Griechen vor einer neuerlichen Zuspitzung der Wirtschafts- und Schuldenkrise. Aus Angst vor politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen hoben Medienberichten zufolge im Dezember zahlreiche Sparer und Unternehmen insgesamt 2,5 Milliarden Euro von ihren Bankkonten ab.

Einige Experten diskutieren wieder offen über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Ein solcher "Grexit" wäre aber diesmal leichter von den restlichen Euroländern zu ertragen. Umfragen deuten unterdessen auf einen heftigen Wahlkampf und auf ein knappes Wahlergebnis Ende Jänner hin. Die politische Stimmung in Griechenland ist stark polarisiert.

Die derzeitige "Mini-Kapitalflucht" sei ungewöhnlich und lasse sich nur damit erklären, dass die Bürger sich große Sorgen angesichts der vorgezogenen Wahlen am 25. Jänner machen, berichtete die konservative Athener Zeitung Kathimerini. Der Trend zu mehr Abhebungen hatte demnach bereits im November mit einem Volumen von rund 200 Mio. Euro begonnen. Ein Ansturm auf die Banken sei dies nach Schätzungen von Fachleuten eindeutig nicht. Die Entwicklung zeige aber die Besorgnis der Bürger, hieß es in dem Zeitungsbericht.

Die Banken wollen verstärkt darauf achten, dass auf keinen Fall ein "Bank Run" ausgelöst wird: Die Institute sorgten dafür, dass alle Bankomaten ausreichend mit Geld bestückt seien, sagte ein Bankdirektor.

Neuverhandlungen

Aktuelle Umfragen in Griechenland zeigen einen Vorsprung der Linkspartei Syriza ("Bündnis der radikalen Linken") von Alexis Tsipras. Dieser strebt eine Neuaushandlung des griechischen Konsolidierungsprogramms und einen Schuldenschnitt an. Die Wahlkampf-Atmosphäre in Griechenland wird immer trüber, die politischen Rivalen schrecken auch vor verletzenden Äußerungen nicht zurück.

Der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Jürgen Stark, äußerte mit Blick auf die Neuwahlen in Griechenland Kritik an der Rettungspolitik der EZB. "Griechenland war seit 2010 faktisch mehrfach insolvent", sagte er der Süddeutschen Zeitung. Immer wieder sei mit neuem Geld der Mitgliedstaaten und der EZB die Insolvenz verschleppt worden. Jetzt zeigten sich "die nach wie vor ungelösten Probleme in aller Schärfe". Aus Protest gegen die Rettungsmaßnahmen der EZB war Stark 2011 zurückgetreten.

Die deutsche Grünen-Parteichefin Simone Peter warnte unterdessen eindringlich vor einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone. "Ein Ausstieg aus dem Euro kann weder im Interesse Griechenlands noch der EU sein", sagte sie der Welt. "Für Griechenland wären die Folgen dramatisch, und auch die Eurozone hätte mit negativen Konsequenzen zu kämpfen."

Der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, geht dagegen davon aus, dass ein möglicher Regierungswechsel in Griechenland den Euro nicht gefährden wird. Auch ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion wäre nur "ein Beitrag zur Verringerung der Gefahren, den der Weg in die Transferunion mit sich brächte", sagte der Ökonom Focus Online. (dpa, DER STANDARD, 2.1.2015)