Europa leidet in seiner Mitte und an seinen Rändern an rechtspopulistischen "Führern", die zielstrebig in eine autoritäre, nationalistisch-völkisch unterlegte Herrschaft steuern.

Aber es gibt auch einen Typ des linkspopulistischen Volkstribuns, und der richtet auch nicht wenig Schaden an.

Griechenland könnte den "charmanten Brandstifter" (Spiegel online) Alexis Tsipras wählen, einen hemmungslosen Linkspopulisten, der mit einer Umsetzung seiner Wahlversprechen das Land zielgerichtet in den Staatsbankrott führen würde. Italiens linker Ministerpräsident Matteo Renzi hat zwar einige Reformen (im Arbeitsrecht) durchgeführt, will aber letztlich wieder den Weg der hemmungslosen Staatsverschuldung gehen. Begleitet von Ressentiments gegen "Brüssel und Berlin", von denen "wir keine Lektionen entgegennehmen!".

Bereits verstorben, aber phänotypisch in seinen linkspopulistischen Herrschaftsmethoden war der venezolanische Präsident Hugo Chávez, der mit den Öleinnahmen die Massen bei Laune hielt, aber durch Verstaatlichung und anschließende Misswirtschaft seiner Kumpane die Wirtschaft (und den Sozialstaat) nachhaltig ruinierte. Sein demagogisch wesentlich unbegabterer Nachfolger Nicolás Maduro hat weiter heruntergewirtschaftet. Inzwischen gibt es in Venezuela kein Klopapier mehr. Schuld sind, wie könnte es unter inkompetenten Verschwörungstheoretikern aller Länder anders sein, die Vereinigten Staaten von Amerika.

Links- und Rechtspopulisten sind auf dem Vormarsch, das ist das Fazit der letzten Jahre, besonders des Jahres 2014. Die rechten Herrscher sind natürlich wesentlich gefährlicher. Putin, Orbán, Erdogan sperren Oppositionelle ein, würgen kritische Medien ab und haben scheibchenweise ihre Macht so ausgebaut, dass es kaum mehr möglich scheint, sie ihnen zu entreißen. Alle betreiben eine aggressive Politik nach außen, Putin mit Georgien 2008, Ukraine 2014 und Moldawien, eventuell das Baltikum noch auf der Perspektivliste. Orbán zündelt immer wieder in den Gebieten mit ungarischen Minderheiten von Ungarns Nachbarstaaten. Erdogan steuert für die Türkei eine Rolle als neoosmanische Hegemonialmacht an und fördert die radikale Hamas. Alle drei scheinen durch wirtschaftliche Schwierigkeiten und durch Widerstand des Westens noch aggressiver zu werden.

Die europäischen Linkspopulisten bedrohen den Euro und die Stabilität der EU. Sie tragen nichts zur Lösung der Probleme bei, sondern machen die Krisenländer zusehends unregierbar. Es ist nicht klar, ob ein Tsipras wirklich glaubt, dass Griechenland mehr Staatsbeamte und mehr Staatsausgaben braucht oder ob er nur für das unausweichliche Scheitern die Sündenböcke von morgen aufbaut ("Brüssel und Berlin").

In Frankreich, Österreich, Schweden, den Niederlanden und Belgien haben die Rechtspopulisten fast spielentscheidende Stärke erreicht. In Griechenland, wohl auch Italien, die Linkspopulisten. Die gemäßigten, verantwortungsvollen Kräfte sind fast überall in der Defensive. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 31.12.2014)