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Seit 2009 können Gynäkologinnen bei der Bewerbung um einen Kassenvertrag bevorzugt werden. Die Nachfrage nach Ärztinnen des Faches ist groß: Das zeigt sich auch bei Wahlarztabrechnungen.

Foto: APA/Helmut Fohringer

Wien - Frauen dürfen bei Auswahlverfahren für eine Kassenstelle der Gynäkologie seit fünf Jahren gegenüber männlichen Kollegen bevorzugt werden. Im neuen Jahr entscheidet der Verfassungsgerichtshof (VfGH) darüber, ob das gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Nach wie vor gibt es in Österreich aber vergleichsweise wenige niedergelassene Gynäkologinnen mit Kassenvertrag. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums waren 2014 österreichweit von 379 Ärzten und Ärztinnen der Frauenheilkunde 291 männlich und 88 weiblich (23 Prozent). 2009 standen 308 Frauenärzten österreichweit noch 64 Kolleginnen (17 Prozent) "auf Kasse" gegenüber.

Viele Wahlärztinnen

Im Wahlärztesystem ist der Frauenanteil im Fach deutlich höher. Die meisten - nämlich ein Drittel aller - Wahlarztabrechnungen entfallen laut Hauptverband der Sozialversicherungsträger auf das Fach Gynäkologie, davon zwei Drittel auf Ärztinnen.

Sylvia Groth vom Frauengesundheitszentrum Graz kann "eine große Zahl an Anfragen" nach Gynäkologinnen bestätigen. "Es gibt eine Menge Frauen, die bereit sind, für den Besuch bei einer Frauenärztin 100 bis 150 Euro zu zahlen", sagt Groth, doch viele könnten sich das nicht leisten. Generell sei in dem Fach eine schleichende Privatisierung zu beobachten. Auch wenn man sich ansehe, wie viele Leistungen - zum Beispiel eine Ultraschalluntersuchung - selbst beim Kassenarzt bereits zahlungspflichtig sind. Da werde der Arzt zum freien Unternehmer, warnt Groth.

Seit 2009 mehr Punkte für Frauen

Das Gesetz, das Ärztinnen der Frauenheilkunde als Bewerberinnen um Kassenstellen bevorzugt, wurde im Jahr 2009 erlassen. Es sieht bei der Punktebewertung von Bewerbern und Bewerberinnen auf einen Kassenvertragsplatz vor, dass Frauen Zusatzpunkte (bis zu zehn Prozent der Gesamtzahl) erhalten können, da die "durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit" besonders zu berücksichtigen sei.

Immer wieder treten Ärztinnen Kassenstellen dann aber nicht an. Beispielsweise wenn sie in den Jahren, die sie darauf gewartet hatten, eine Wahlarztordination aufgebaut haben - die womöglich auch eine bessere Vereinbarung von Familie und Beruf ermöglicht, wie Groth zu bedenken gibt.

Eine Frau verzichtete auch in jenem Fall auf die Kassenstelle, in dem der Salzburger Arzt dann die Ärztekammer klagte und der nun den VfGH beschäftigt. Die Erstgereihte hatte deutlich mehr Punkte als der Unterlegene erlangt, mehr als ihr der "Frauenbonus" in dem Fall bringen konnte. Doch sie nahm den Platz nicht an. Dennoch kam eine Frau zum Zug - mit einem Punkt mehr als der Mann.

23 Ärzte in Kärnten und eine Ärztin

Seit 2009 ist in allen Bundesländern die Zahl der Frauenärztinnen mit Kassenvertrag gestiegen. Dennoch findet sich in Kärnten laut Statistik des Gesundheitsministeriums von 2014 nur eine einzige Ärztin der Frauenheilkunde mit Kassenvertrag (2009 gab es keine einzige) - neben 23 Männern. In Oberösterreich stehen 58 Gynäkologen zwölf Kolleginnen gegenüber. In der Steiermark sind es 45 Männer und acht Frauen mit Kassenvertrag und in Tirol 25 Ärzte gegenüber vier Ärztinnen der Frauenheilkunde. Einzig im Burgenland ist das Verhältnis genau ausgeglichen, in Niederösterreich sind es 61 Prozent Männer, in Wien 72 Prozent, in Salzburg 73 und in Vorarlberg 83 Prozent.

Viele Frauen mit Migrationshintergrund und aus sozial schwächeren Verhältnissen hätten daher, wenn sie von einer Gynäkologin unfreundlich behandelt werden, kaum Optionen, die Frauenärztin zu wechseln, gibt Groth zu bedenken. Das gelte ganz besonders im ländlichen Bereich. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 31.12.2014)