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Alexis Tsipras (links), Chef der griechischen Linkspartei Syriza, verspricht sich einiges von den Neuwahlen.

Foto: AP/Stavrakis

Athen – Begleitet von Kursstürzen an der Börse in Athen hat Griechenland am Montagmittag den Weg zu vorgezogenen Neuwahlen freigemacht. Die Opposition im Parlament, angeführt von dem Linksbündnis Syriza, versagte auch in der dritten und letzten Runde dem Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten seine Zustimmung. Der konservative frühere EU-Umweltkommissar Stavros Dimas kam wie schon beim Wahlgang am 23. Dezember nur auf 168 Stimmen – zwölf weniger als notwendig. Laut Verfassung muss das Parlament nun innerhalb von zehn Tagen aufgelöst werden. Neuwahlen finden demnach am 25. Jänner 2015 statt. Regierungschef Antonis Samaras berief sein Kabinett zu einer Krisensitzung ein.

20 Minuten nach Beginn der Abstimmung lag Dimas noch knapp vorn. Die Abgeordneten mussten sich wie in den zwei Runden davor entweder namentlich für den Kandidaten aussprechen oder aber sich nur als "anwesend" melden, was als Nein gewertet wird. Wäre die Abstimmung bei Präsidentenwahlen geheim, so versicherten Beobachter, hätte Dimas wohl die notwendigen 180 Stimmen erhalten.

Syriza dominiert

Die Neuwahlen kommen zu einer kritischen Zeit: Die Regierungskoalition aus den Konservativen der Nea Dimokratia und den Sozialisten der Pasok konnte sich mit Griechenlands Kreditgebern noch nicht auf die Konditionen für die Auszahlung der letzten Rate einigen. Auch die Fortführung der Kredithilfen ist noch nicht geklärt. Griechenlands Staatsschulden stehen immer noch bei 175,5 Prozent des BIP. Das Bündnis der radikalen Linken, angeführt von Alexis Tsipras, verspricht den Griechen eine Abkehr vom Sparkurs und Neuverhandlungen mit den Kreditgebern bei EU und dem Internationalen Währungsfonds. Syriza gewann bereits die Europawahlen im vergangenen Mai und hat derzeit auch gute Chancen auf einen Wahlsieg Ende Jänner.

Samaras hatte vergeblich an die Abgeordneten appelliert, ihre Stimme dem Präsidentenkandidaten zu geben und damit Neuwahlen abzuwenden. Entscheidend war am Ende die Linkspartei Dimar, bis zum vergangenen Jahr noch Koalitionspartner von Samaras. Von ihr hätten die notwendigen Stimmen kommen können. Doch Dimar-Chef Fotis Kouvelis blieb bei seinem Nein. Nicht die Opposition und Neuwahlen seien die Gefahr für Griechenland, sagte er und griff die Samaras-Regierung an: "Die größte Gefahr für die Gesellschaft und die Wirtschaft ist die Politik, die dem sozialen Zusammenhalt nicht wiedergutzumachenden Schaden zugefügt und eine alles erstickende Rezession aufrechterhalten hat."

Sicherheitsplan der Regierung

Finanzminister Gikas Hardouvelis versuchte zu beruhigen. "Die Bankkonten sind sicher", sagte er in einem Interview mit der Zeitung "To Vima" am Sonntag. Die Regierung habe einen Sicherheitsplan für den Fall, dass kein Präsident gewählt würde, und für die Auswirkungen, die dies auf die Wirtschaft haben könnte. Den griechischen Banken würde nötigenfalls mehr Geld vom staatlichen Stabilitätsfonds zur Verfügung gestellt.

Das alles ist auch Teil einer psychologischen Kampagne der Regierung, die zuerst Druck auf die Parlamentarier zu machen versuchte, ihre Stimme dem Präsidentenkandidaten Dimas zu geben. Die Warnung vor Chaos und Hinauswurf aus der Eurozone wird nun auch den Blitzwahlkampf beherrschen. Die Europäische Zentralbank halte den Schlüssel für Griechenland in der Hand, erklärte Hardouvelis. Sollte eine Regierung an die Macht kommen, die sich gegen die Auflagen des Hilfskreditprogramms stelle, werde die EZB die Finanzierung der griechischen Banken stoppen: "Dieser Schlüssel kann leicht und sofort benutzt werden, um die Versorgung der Banken zu blockieren und die griechische Wirtschaft in kürzester Zeit zu erdrosseln."

Bankensturm möglich

Das Schreckenszenario im Fall einer Regierungsübernahme der radikalen Linken lautet: Syriza bricht mit den Kreditgebern, kündigt die Nichtbedienung von Schulden an und löst damit zunächst einen Sturm der Griechen auf die Banken aus, die sich vor einer Blockade ihrer Konten wie in Zypern 2012 und in Bulgarien in diesem Sommer fürchten.

Syrizas Vorsprung vor der regierenden konservativen Nea Dimokratia ist Umfragen zufolge auf etwa drei Prozent geschmolzen. 27,2 Prozent würden derzeit Syriza wählen, hat etwa das Kapa-Institut errechnet. Die Bonus-Regel im griechischen Parlament würde der Linksallianz demnach eine Mehrheit verschaffen: Die Partei, die als stärkste aus den Wahlen hervorgeht, erhält automatisch zusätzlich 50 Sitze. Bei den Parlamentswahlen im Juni 2012 bekam die ND 29,7 Prozent und die Syriza 26,9. Samaras bildete daraufhin eine Koalition aus seiner ND, Pasok und der kleinen Linkspartei Dimar; die verließ 2013 aus Protest gegen die Schließung des Staatsfernsehens die Regierung. (Markus Bernath aus Athen, derStandard.at 29.12.2014)