Ein Hitler-Sparschwein mit einem strammen Seitenscheitel, das quiekte, wenn man eine Münze hineinfallen ließ. Oder ein Nadelkissen, bei dem die Nadeln im Hinterteil des "Führers" stecken: Diese und viele andere Exponate sind in der Grazer Ausstellung zu sehen.

Foto: Pachernegg

Wie die Serie eines ägyptischen Künstlers, der Hitler im Maul eines Krokodils zeichnete. Das Blatt stammt aus dem 40-teiligen Mappenwerk "The Whip" von Kostas Romanos, Ägypten 1944.

Foto: Kostas Romanos, 1944

Heulender Hitler: Blatt aus "Hitleriada Furiosa" von Stanislaw Toegel, Deutschland 1946. Der polnische Autodidakt wurde 1944 als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt. Seine in der Gefangenschaft angefertigten Skizzen wurden nach seiner Befreiung von einem deutschen Verleger in zwei Mappenwerken veröffentlicht.

Foto: Stanislaw Toegel, 1946

Die Entwicklung der Menschheit. Vom Menschenaffen zum Affenmenschen. Abbildung aus "De Notenkraker", 1915, Niederlande, Grafik: Albert Hahn

Grafik: Albert Hahn

Graz – Treffen sich ein Internist und ein Psychiater. Der Psychiater grüßt: "Heil Hitler!" Darauf der Internist: "Heil du ihn! Du bist doch der Irrenarzt!"

Das ist einer jener Witze, den man in Österreich und Deutschland während der NS-Zeit nur Menschen, denen man vertraute, die man gut kannte – und stets hinter vorgehaltener Hand – erzählte. Alles andere war brandgefährlich. Es ist einer der sogenannten Flüsterwitze. Und auch sie selbst waren gefährlich – allerdings für die Diktatur. Denn Witze, Parodien oder Karikaturen können Demagogen nicht nur lächerlich machen, sondern auch demaskieren. Über die Macht des Humors wussten auch die Nazis Bescheid und fürchteten sie dementsprechend. Es wurden sogar Gesetze gegen Witze über den "Führer" und die NSDAP erlassen.

Humor als Waffe

Die Ausstellung "Keep Smiling. Humor als Waffe" in den Multimedialen Sammlungen im Grazer Joanneumsviertel zeigt anhand einer bemerkenswerten Sammlung humoristischen und satirischen Materials aus dem Bereich des Widerstands, aber auch staatlicher Propaganda aus den Jahren 1914 bis 1964, wie Humor eingesetzt wurde: heimlich in Widerstandskreisen oder offen von staatlicher Seite in Ländern, die etwa gegen Nazi-Deutschland kämpften.

Die Zeit der NS-Diktatur nimmt in der Schau den größten Raum ein, doch auch der Erste Weltkrieg, der Austrofaschismus oder die Kubakrise, als die USA längst andere Feinde hatten, waren ein Quell für die Sammelleidenschaft Emil Grubers. Gruber kuratierte die Ausstellung für die multimediale Sammlung, die bis 28. März zu sehen ist.

Humor als Propagandamittel

Man staunt vor allem über die Fülle und Vielfalt des Materials, das zum Teil in deutschsprachigen Ländern noch nicht gezeigt wurde. Die Ausstellung, die im Untergeschoß des Joanneumsviertels frei zugänglich ist, nimmt mehrere Räume ein. Die Flüsterwitze werden in einer kleinen Nische im ersten Raum über Tonbandeinspielungen erzählt.

Überraschend scheint angesichts hunderter Exponate, wie weit verbreitet Humor auch als Propagandamittel schon seit dem Ersten Weltkrieg war. Nicht nur Karikaturen in Zeitungen sind zu sehen, auch Comicbücher, Filme, Spielkarten, selbst ein Hitlerbastelbogen, ein Hitler-Nadelkissen, bei dem die Nadeln im Hinterteil des "Führers" stecken, oder ein Hitler-Sparschwein, das quiekte, wenn man eine Münze hineinfallen ließ.

Vor allem in Sammlungen aus Amerika fand Gruber so manches Kleinod. Nadelkissen und Sparschwein wurden industriell in den USA gefertigt und dienten zur Beschaffung von Kriegsanleihen. Unter den Zeichnungen findet sich eine Serie eines ägyptischen Künstlers, der Hitler im Maul eines Krokodils zeichnete, oder ein heulender Diktator auf den Trümmern seines Krieges, gezeichnet von einem polnischen Zwangsarbeiter in Gefangenschaft.

Humor als Überlebensstrategie

Auch Helden aus Zeichentrickfilmen, die den Menschen bis heute vertraut sind, wurden im Kampf gegen die Nazis eingesetzt: Es gibt ausgewählte Filmchen von Donald Duck und Popeye zu sehen. Letzterer kommt tatsächlich mit seinem Spinat zu Hilfe. "Gerade in den 1940er-Jahren sind viele der Superhelden, die wir heute noch kennen, entstanden", erzählt Gruber dem STANDARD, "zum Beispiel Captain America".

Donald, Mickey und Popeye gab es freilich schon vor dem Zweiten Weltkrieg: "Die mussten dann aber auch alle einrücken, Humor war auch eine Überlebensstrategie", weiß Gruber, der die Ausstellung mit Projektleiter Christian Marczik über drei Jahre vorbereitet hat. Material gebe es noch für drei Stockwerke. Vielleicht darf man sich auf eine Folgeausstellung freuen.

Ein Flüsterwitz, der nach dem Anschluss erzählt wurde, geht übrigens so: "In welchem Land scheint immer die Sonne? In Österreich, da sind die Menschen über Nacht braun geworden." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 29.12.2014)