Franz Clemens Waldburg-Zeil lebt mit seiner Gattin, den Eltern und vier Töchtern im Palast Hohenems. Mit Prinzessinnen-Romantik hat das aber nichts zu tun, erfuhr Thomas Rottenberg von Sisis Ururenkel.

"'Ich wohne im Palast' klingt natürlich eindrucksvoll. Erst recht, wenn es stimmt: Ich wohne nicht nur im Palast von Hohenems - mit meiner Frau, meinen vier Töchtern und meinen Eltern -, ich wurde hier sogar geboren. Hier ist seit dem 17. Jahrhundert unser Familiensitz. Der Palast Hohenems gilt als der bedeutendste Renaissancebau Westösterreichs: 1562 gab Kardinal Markus Sitticus III. dem italienischen Architekten Martino Longhi - damals ein Stararchitekt - den Auftrag, ihn zu errichten.

Familiensitz seit dem 17. Jahrhundert: Franz Clemens Waldburg-Zeil mit seiner Frau Stephanie, geborener Gräfin Blanckenstein, in der Bibliothek des Palastes Hohenems. (Bildansicht durch Klick vergrößern)
Foto: Christian Grass

Fertiggestellt war der dreiflügelige Bau dann Ende des 17. Jahrhunderts - obwohl so ein Gebäude nie wirklich 'fertig' ist. Davon können wir Lieder singen: Erhalt, Betrieb und Reparaturen sind eine unendliche Geschichte - und der Versuch, so ein Schloss an heutige Bedürfnisse anzupassen, immer eine Gratwanderung.

Das ständige Improvisieren und Restaurieren, das permanente Adaptieren und das Kombinieren von Altem mit Neuem haben mich geprägt: Ich führe mit meiner Frau ein Unternehmen, in dem wir für andere genau das tun, was uns im Schloss ständig beschäftigt. Wir gestalten und sanieren alte Ensembles und Gebäude so, dass im Einklang mit der historischen Substanz schönes, stilvolles Wohnen möglich wird. So, dass es höchsten Ansprüchen entspricht; ästhetisch, handwerklich, und technisch.

Aufwachsen im Palast ist ein Geschenk - und eine Bürde: Seine Geschichte ist meine Geschichte, und meine Geschichte wird Teil seiner. Hier, in der Bibliothek, fand der Arzt Jacob Hermann Obereit 1755 und 1779 zwei Handschriften des Nibelungenliedes. Heute sind beide in Museen. Ich hatte sie einmal in der Hand: ein ganz besonderes Gefühl. Erst recht, wenn man in den Räumen, in denen derartige Schätze lagen, gespielt hat.

Wer so aufwächst, ist von Geschichte umgeben. Das lässt sich nicht wegschieben. Die Option, so ein Objekt zu verkaufen oder zu verlassen, ist daher ein No-Go, eine Idee, auf die keiner von uns je käme: Geschichte kann man nicht ablegen.

Aber Geschichte und Romantik ändern nichts daran, dass ein klangvoller Name und Jahrhunderte an Familientradition ein Schloss nicht in Schuss halten: Wer heute so einen Palast erhalten will, muss absolut unternehmerisch denken.

Dass der Palast heute in so einem guten Zustand ist, ist meinen Eltern Franz Josef und Priscilla Waldburg-Zeil zu verdanken. Sie haben ihn in den 1960er-Jahren nämlich geöffnet. Das war damals ein echter Kraftakt: Die meisten Schlösser waren Burgen im Dornröschenschlaf, hermetisch von der Außenwelt abgeschottet. Dass der Palast heute für Kunst- und Kulturveranstaltungen, Tagungen und Hochzeiten offen ist, dass es Gastronomie und Führungen gibt, dass heute niemand auf die Idee kommt, Touristen und Besuchern den Palast nicht zu zeigen, obwohl wir gleichzeitig hier wohnen, ist das Verdienst meiner Eltern. Dass der Urenkel von Sisi und Franz Joseph das Volk ins Haus ließ, wurde in den 1960ern von anderen Schlossbesitzern noch 'unerhört' genannt: Das war damals eine andere Welt. Mein Vater musste seine Mutter noch in der dritten Person ansprechen.

Heute wirkt das seltsam. In Österreich gibt es keinen Adel und keine Titel. Das wird - meistens - auch so gelebt. Aber ich muss nur ein paar Kilometer weiter nördlich anrufen: In Deutschland stehen sie am Telefon Habtacht, wenn ich meinen Namen sage. Viele sprechen mich mit 'Erlaucht' an. So lautet nämlich die Anrede für einen 'Prinzlichen Grafen'. Aber hier in Vorarlberg ist fast jeder mit mir per Du. Ich bin der Clemens. Das ist gut so." (DER STANDARD, 27.12.2014)